Das Ankerprotein
Die Metastasierung von Krebszellen ist für etwa 90 Prozent der Krebstodesfälle verantwortlich. Die zelluläre Grundlage für die Metastasierung liegt in der Fähigkeit zur gerichteten Zellwanderung. Dr. Hesso Farhan, Arbeitsgruppenleiter am Biotechnologie Institut Thurgau (BITg) an der Universität Konstanz, hat gemeinsam mit seinem Team herausgefunden, dass durch das Ausschalten eines Proteins namens STYX die Wanderung von Zellen verhindert werden könnte.
Die Ergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe des renommierten Wissenschaftsjournals „Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America“ (PNAS) erschienen.
Wandern kranke Zellen, können sie im Körper großen Schaden anrichten. Sogenannte „MAP kinases“ (MAPK) regulieren die Zellmigration und spielen in der Zellforschung eine sehr wichtige Rolle. Zusätzlich zur Zellmigration sind MAPKs von entscheidender Bedeutung für die Teilung von Zellen (Zellproliferation) sowie auch bei deren Entartung, was als Vorstufe von Krebs gilt. MAPKs befinden sich im Innern der Zelle. Das Team um Hesso Farhan und Dr. Veronika Reiterer, Postdoc in Farhans Arbeitsgruppe, hat herausgefunden, dass das Protein STYX als Anker für MAPKs fungiert und diese Proteine im Zellkern hält.
Zusätzlich gelang es durch Kollaboration mit Prof. Boris Kholodenko, Prof. Walter Kolch und Dr. Dirk Fey, Wissenschaftler am University College Dublin, ein computerisiertes Model der Zelle zu erstellen, um Vorhersagen zu treffen, wie und wo STYX die MAPKs reguliert. Diese Vorhersagen wurden durch eine Kombination von zellbiologischen, mikroskopischen und biochemischen Versuchen bestätigt. Nachdem nun der Effekt von STYX auf MAPKs identifiziert wurde, beschäftigte sich das Team um Farhan mit der Frage, ob STYX auch die Zellmigration reguliert.
Damit Zellen wandern können, benötigen sie den sogenannten „Golgi-Apparat“, der in jeder Zelle vorhanden ist. Man kann ihn sich als Kompass für die die zielgerichtete Zellwanderung vorstellen – der Golgi-Apparat gibt die Richtung vor. Wird nun das Protein STYX in der Zelle ausgeschaltet, „explodiert“ der Golgi-Apparat: Aus einem zusammenhängenden Kompass werden viele kleine. Die Zelle ist daher nicht mehr in der Lage gerichtet zu wandern. Theoretisch ergibt sich daraus die Schlussfolgerung, dass ein Ausschalten von STYX eine Option in der Krebstherapie wäre. Tatsächlich existieren mindestens vier Studien in denen gezeigt wurde, dass STYX in Brustkrebs erhöht ist. Wie genau das STYX-Protein ausgeschaltet werden kann, will Farhan gemeinsam mit seinem Team in Zukunft erforschen.
Die Ergebnisse der aktuellen Studie wurden in Fachkreisen mit hohem Interesse aufgenommen und werden in einer der kommenden Ausgaben der renommierten Zeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America“ (PNAS) veröffentlicht. Vorab sind sie bereits in der Online-Version der Zeitschrift unter dem Link (http://www.pnas.org/content/early/2013/07/10/1301985110) verfügbar.
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