Projekt SAVeNoW: Digitaler Zwilling für das Autonome Fahren

Screenshots aus einer Fahr-/Verkehrssimulation, in der die automatisierten Fahrfunktionen virtuell getestet werden können.
Projekt SAVe / Phantasma Labs

Das autonome Fahren ist auf dem Vormarsch. Doch wie macht man es für jede Verkehrssituation sicher, welche Verkehrsinfrastrukturen werden erforderlich und wie wirken sich künftige Verkehrsmodelle aus? Diese Fragen simuliert das Konsortium SAVeNoW unter Führung der Audi AG mit einem Digitalen Zwilling des urbanen Verkehrs am Beispiel von Ingolstadt. Der Lehrstuhl Interior Design Engineering am Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design (IKTD) der Universität Stuttgart untersucht in dem Projekt, wie die Gestaltung des Fahrzuginnenraums das Verkehrsverhalten beeinflussen kann.

Ist schon die Softwareentwicklung für das Autonome Fahren eine große Herausforderung, so ist es deren Testung und Absicherung umso mehr: Für eine Vielzahl einzelner Verkehrssituationen wird der Nachweis gefordert, dass das Fahrzeug sicher reagiert. Bei Fahrten auf Autobahnen mit deren geregeltem Verkehrsgeschehen sind solche Nachweise noch in der Realität durchführbar. In wuseligen Innenstädten dagegen ist dies aufgrund der Vielzahl unberechenbarer Verkehrssituationen praktisch unmöglich, und einige Tests verbieten sich schon aus Sicherheitsgründen von selbst.

Vor diesem Hintergrund entwickelten die Partner im von SAVeNoW (Funktions- und Verkehrs-Sicherheit für Automatisierte und Vernetzte Mobilität – Nutzen für die Gesellschaft und ökologische Wirkung) bereits in einem Vorgängerprojekt die Werkzeuge und Verfahren für die digitale Kopie einer Stadt. In diese wurden verschiedene Straßensituationen, Verkehrsdichten, Ampeln und Ähnliches integriert, sodass man das Verhalten des autonomen Fahrzeugs in diesen Situationen simulieren kann. Dieses Knowhow wird nun im Projekt SAVeNoW anhand des Beispiels der Stadt Ingolstadt angewandt. Es bildet statische Elemente wie Straßen, Gebäude, Verkehrs-Infrastruktur und Verkehrsregeln ab, aber auch dynamische Variablen wie die Verkehrsteilnehmer oder die Rahmenbedingungen wie etwa Stoßzeiten oder das Wetter. „So ein digitaler Zwilling ist eine große Chance“, sagt Prof. Wolfram Remlinger vom IKTD, der die Stuttgarter Teilprojekte in SAVeNoW leitet. „Man erhält Aussagen zur Verkehrssicherheit in hoher Qualität, bevor auch nur ein einziger Kilometer auf der realen Straße getestet wird.“

Bessere Verkehrsprognosen

Neben Sicherheitsaspekten wollen die Forschenden mit dem Digitalen Zwilling auch Lösungsszenarien für Fragen der Verkehrseffizienz, Ökologie und der gesellschaftlichen Akzeptanz entwickeln. Dahinter steht die Frage, inwieweit das Autonome Fahren das politische Ziel, die Verkehrsprobleme in den Städten in den Griff zu kriegen, unterstützen kann.
Ob Menschen das Auto, Motorrad oder Busse und Bahnen nutzen, Fahrrad fahren, zu Fuß gehen oder eine Kombination von alledem, ist eine individuelle Entscheidung. Sie hängt von Faktoren wie Fahrzeit, Verfügbarkeit, Kosten, Fahrkomfort und Sicherheitsempfinden ab.

Durch das Autonome Fahren können neue Mobilitätslösungen wie etwa Busse oder Sammeltaxis „on demand“ entstehen, die die Gewichtung dieser Präferenzen verschieben. „Mit dem Modell des digitalen Zwillings können wir ausprobieren, wie viele Fahrzeuge eine Stadt zur Bewältigung ihres Mobilitätsbedarfs künftig braucht, welche Strecken zu welchen Tageszeiten genutzt werden, welche Auswirkungen dies auf Verkehrsdichte hat und wie sich die Zahl der Leerfahrten entwickelt. All dies ermöglicht verbesserte Verkehrsprognosen – und zwar, bevor die Autos gebaut werden.“

Einflüsse der Fahrzeuginnenraum-Gestaltung

Eine Rolle für die Akzeptanz neuer Lösungen spielt dabei auch, aus welcher Motivation heraus Menschen autonome Fahrzeuge nutzen und was Fahrer tun, wenn ihre Aufmerksamkeit kaum noch durch das Fahrgeschehen gebunden ist. Wollen sie mit Kolleg*innen diskutieren oder die Zeit für ein Schläfchen nutzen? Auf der Basis dieser Motive wollen die Wissenschaftler*innen der Universität Stuttgart ermitteln werden, nach welcher Art von Fahrzeuginnenräumen und -ausstattungen die Fahrzeugnutzer unter den neuen Gegebenheiten verlangen.

Denkbar wären beispielsweise neue Anordnungen der Sitze, einen Gruppentisch oder im Gegenteil Glaswände zwischen den Sitzen.
Diese sollen als Mixed-Reality-Modell für die Bürger, die als Versuchspersonen in die Forschung einbezogen werden, erlebbar sein. „Wir wollen herausfinden, welche Arten und Konzeptionen von Fahrzeugtypen es künftig geben soll, aber auch die Abläufe und die Umsteigebereitschaft erforschen“, fasst Remlinger zusammen.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Wolfram Remlinger, Universität Stuttgart, Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design, Leiter Interior Design Engineering, Tel.+49 (0)711 685 66061 / 66055,
E-Mail: wolfram.remlinger@iktd.uni-stuttgart.de

http://www.uni-stuttgart.de/

Media Contact

Andrea Mayer-Grenu Abteilung Hochschulkommunikation
Universität Stuttgart

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