Die Wälder der Erde in 3D

The researchers use lasers to scan the tree structure. The structure of a primeval forest is shown here.
Credit: Dominik Seidel

Forschungsteam unter Leitung der Universität Göttingen analysiert Komplexität der Struktur

Urwälder sind für die Artenvielfalt und globale Stoffkreisläufe von großer Bedeutung. Die dreidimensionale Struktur der Wälder spielt dabei eine wichtige Rolle, weil sie Stoffaustauschprozesse mit der Atmosphäre beeinflusst und verschiedenen Arten Lebensraum bietet. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität Göttingen ist der Frage nachgegangen, welche Vielfalt an unterschiedlich komplexen Strukturen in den Wäldern der Welt zu finden ist, und welche Faktoren diese Vielfalt erklären können. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Nature Communications erschienen.

Dr. Martin Ehbrecht untersuchte unter anderem den tropischen Regenwald auf Borneo.
Foto: Martin Ehbrecht

Die Forscherinnen und Forscher untersuchten die Waldstruktur von Urwäldern auf mehreren Kontinenten in unterschiedlichen Klimazonen. Hierzu reisten sie über einen Zeitraum von zwei Jahren in teils entlegene Urwaldgebiete der Erde, um die Struktur der Wälder mithilfe von 3D Laserscannern zu erfassen. Ein Laserscanner erfasst die Umgebung mithilfe eines Laserstrahls und bildet damit den Wald als 3D-Modell ab. Darüber lassen sich am Computer Kennzahlen zur Beschreibung der Struktur berechnen. Sie stellten fest, dass sich die globale Variabilität der Waldstrukturen zum allergrößten Teil durch die Niederschlagsmengen und damit durch die Verfügbarkeit von Wasser in den verschiedenen Ökosystemen erklären lässt. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse konnten sie mithilfe von Klimadaten Weltkarten zur strukturellen Komplexität erstellen.

Die Weltkarten beschreiben hierbei, welche Strukturen Wälder ohne menschliche Beeinflussung entwickeln können. Nur noch 30 Prozent der Wälder der Erde sind Urwälder. „Ein langfristiges Ziel unserer Forschungsarbeit ist es, besser zu verstehen, wie sich der Einfluss des Menschen und der Klimawandel auf den Wald, seine Struktur und die daran gekoppelten Prozesse auswirken. Die Struktur von Urwäldern ist hierfür eine wichtige Referenz“, sagt Erstautor Dr. Martin Ehbrecht von der Universität Göttingen. Ein besonderer Fokus liegt hier auf der Frage, wie sich die Veränderungen von Niederschlagsmustern durch den Klimawandel auf die Struktur von Wäldern auswirken.

„Wie bedeutsam Wasser für die Ausbildung komplexer Waldstrukturen ist, lässt sich über verschiedene, zusammenwirkende Mechanismen erklären“, so Ehbrecht. „Die Verfügbarkeit von Wasser ist ein wichtiger Treiber der Baumartenvielfalt. Je mehr Baumarten ein Wald beherbergt, desto ausgeprägter ist das räumliche Nebeneinander unterschiedlich großer und kleiner Bäume und unterschiedlicher Kronenformen. So kann der Kronenraum in artenreichen Wäldern häufig effizienter ausgenutzt werden, was die Waldstruktur komplexer macht.“

Tropische Regenwälder weisen eine komplexere Struktur auf als Laub- und Nadelwälder der gemäßigten Zonen, die wiederum zumeist komplexer aufgebaut sind als boreale Nadelwälder wie beispielsweise in Skandinavien oder subtropische Waldsavannen in Afrika. „Dennoch lassen sich auch in den gemäßigten Zonen Wälder mit hoher struktureller Komplexität finden, wie zum Beispiel in regenreichen Gebieten des pazifischen Nordwestens der USA oder in Küstenwäldern Chiles“, sagt Prof. Dr. Christian Ammer, Seniorautor der Studie und Leiter der Abteilung Waldbau und Waldökologie der gemäßigten Zonen der Universität Göttingen.

Die Ergebnisse dieser Studie sind eine wichtige Grundlage für weitere Arbeiten. „Mithilfe satelliten-gestützter Erfassung der 3-D-Waldstruktur wird es in Zukunft möglich sein, die tatsächliche Komplexität der Wälder genau zu erfassen“, so Ehbrecht. „Somit lassen sich die Auswirkungen von Waldbewirtschaftung und Klimawandel auf die Wälder der Erde besser verstehen. Unsere Weltkarten können dafür hoffentlich als wichtige Referenz dienen.“

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Martin Ehbrecht
Georg-August-Universität Göttingen
Waldbau und Waldökologie der gemäßigten Zonen
Büsgenweg 1, 37077 Göttingen
martin.ehbrecht@forst.uni-goettingen.de

Originalpublikation:

Martin Ehbrecht et al. Global patterns and climatic controls of forest structural complexity. Nature Communications (2021). Doi: https://doi.org/10.1038/s41467-020-20767-z

http://www.uni-goettingen.de/

Media Contact

Thomas Richter Öffentlichkeitsarbeit
Georg-August-Universität Göttingen

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Agrar- Forstwissenschaften

Weltweite, wissenschaftliche Einrichtungen forschen intensiv für eine zukunftsfähige Land- und Forstwirtschaft.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Themen: Bioenergie, Treibhausgasreduktion, Renaturierung und Landnutzungswandel, Tropenwälder, Klimaschäden, Waldsterben, Ernährungssicherung, neue Züchtungstechnologien und Anbausysteme, Bioökonomie, Wasserressourcen und Wasserwiederverwendung, Artenvielfalt, Pflanzenschutz, Herbizide und Pflanzenschädlinge, digitale Land- und Forstwirtschaft, Gentechnik, tiergerechte Haltungssysteme und ressourcenschonende Landwirtschaft.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer