"Doping" im Stall deutlich erschwert

In der Europäischen Union ist der Einsatz von Hormonen in der Tiermast verboten. Trotzdem werden sie wegen ihrer Muskel aufbauenden und Wachstum fördernden Eigenschaften immer wieder illegal an Nutztiere in der Lebensmittelproduktion verabreicht. Eingesetzt werden sowohl körperfremde als auch körpereigene Hormone, die synthetisch hergestellt werden.

Während der Einsatz körperfremder Hormone von den Kontrollbehörden schon lange nachgewiesen werden kann, war das für die Verabreichung synthetisch hergestellter, körpereigener Steroide bislang nicht möglich. Sie konnten nicht von den im Körper vorkommenden, chemisch identischen Hormonen unterschieden werden. Um diese Lücke zu schließen, wurde unter Federführung des BfR in einem europäischen Forschungsprojekt ein Verfahren entwickelt, mit dem der illegale Einsatz dieser „natürlichen“ Steroide bei Nutztieren jetzt aufgedeckt werden kann. „Erst durch den Schluss der Nachweislücke kann das Hormonverbot greifen und wirksam kontrolliert werden“, sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel.

Hormone spielen in der Natur eine wichtige Rolle: Sie kommen in Pflanzen, bei Tieren und beim Menschen vor, steuern Vorgänge im Stoffwechsel und wirken schon in geringen Mengen. Zu hohe Dosen haben einen negativen Einfluss auf die Zielorgane und können darüber hinaus das Tumorrisiko erhöhen. Das gilt auch für die Gruppe der Steroide, zu denen die weiblichen und männlichen Geschlechtshormone Estradiol und Testosteron gehören. Folgerichtig ist der Einsatz aller Hormone bei Lebensmittel liefernden Tieren in der Europäischen Union verboten – das gilt für körperfremde Stoffe genauso wie für synthetisch hergestellte, körpereigene Substanzen.

Steroidhormone wirken Muskel aufbauend und Wachstum fördernd. Deshalb werden sie trotz des Verbotes immer wieder illegal in der Tiermast eingesetzt. Während die körperfremden Hormone bei der Lebensmittelüberwachung schon seit langem nachgewiesen werden können, blieb der illegale Einsatz synthetisch produzierter, körpereigener Hormone weitestgehend unentdeckt. Sie konnten bislang nicht von den natürlich im Körper der Tiere vorkommenden Steroiden unterschieden werden, weil sie mit ihnen chemisch identisch sind.

Die Lücke sollte das EU-Forschungsprojekt ISOSTER schließen, das auf Initiative und unter Koordination des BfR über vier Jahre durchgeführt und jetzt abgeschlossen wurde. Neun Partner aus Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland beteiligten sich an dem Projekt. Sie kamen sowohl aus der Lebensmittel- als auch aus der Dopingkontrolle. Finanziert wurde das Projekt aus Mitteln der Europäischen Union sowie aus Eigenmitteln der Projektnehmer.

Im Rahmen von ISOSTER wurde eine Nachweismethode weiter entwickelt, die auf der Isotopenmassenspektrometrie (IRMS) basiert. Das Verfahren wird im Sportdoping eingesetzt und sollte auch der Lebensmittelkontrolle zugänglich gemacht werden. Bei der Isotopenmassenspektrometrie wird ausgenutzt, dass Kohlenstoff aus zwei stabilen Isotopen, dem 12C und dem 13C, besteht. Dabei liegt der Anteil des Isotops 12C am Kohlenstoff bei ungefähr 98,89 Prozent, der des Isotops 13C bei nur 1,11 Prozent. Das exakte prozentuale Verhältnis der beiden Isotope zueinander in den Molekülen eines Organismus ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig, zum Beispiel von der Ernährung. Innerhalb eines Organismus ist es aber immer annähernd gleich.

Bedingt durch den Herstellungsprozess enthält ein synthetisch produziertes Hormon, beispielsweise Testosteron, weniger 13C als das vom Körper gebildete. Wird einem Tier synthetisch hergestelltes Testosteron verabreicht, mischt es sich mit dem körpereigenen. Damit ändert sich die Isotopenzusammensetzung des Testosterons. Es liegt nun eine Mischung aus dem synthetischen und dem im Körper gebildeten Testosteron vor. Das hat zur Folge, dass der mit der Isotopenmassenspektrometrie ermittelte prozentuale Anteil des 13C-Isotopes kleiner wird. Dagegen behalten andere Moleküle ihre ursprüngliche Zusammensetzung bei. Werden bei einem Vergleich dieser Werte größere Differenzen festgestellt, ist ein Verstoß gegen das Hormonverbot wahrscheinlich.

Der Nachweis der Hormon-Isotope erfolgt im Urin von Rindern. Dies ermöglicht eine Kontrolle der Tiere im Stall. Die entwickelte Methode ist allerdings sehr aufwändig, weil die Konzentrationen der Hormone im Organismus und der Anteil des Isotops 13C im Molekül sehr gering sind. Außerdem muss das zu untersuchende Hormon von allen störenden Begleitsubstanzen abgetrennt werden. Das Verfahren wurde in verschiedenen europäischen Laboren an Proben von behandelten und unbehandelten Rindern erfolgreich getestet. Ob sich die aufwändige Methode für den Routineeinsatz in der Lebensmittelüberwachung eignet, wird die Zukunft zeigen.

Weitere Informationen zu dem Projekt stellen wir in Kürze auf unserer Homepage (http://www.bfr.bund.de) unter dem Menupunkt Forschung zur Verfügung.

Media Contact

Dr. Irene Lukassowitz idw

Weitere Informationen:

http://www.bfr.bund.de

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