Workshop »Emissionsarme Bauprodukte und Wohngesundheit«

Wohngesundheit definiert sich durch das Zusammenspiel von Bauprodukten, baulichen Gegebenheiten und Lebensgewohnheiten. Aus Sicht der Innenraumhygiene stehen dabei Lüftungskonzepte und Fragen zur Vermeidung luftverunreinigender Stoffe aus Bauprodukten, Einrichtungsgegenständen und Konsumgütern im Vordergrund.

Nach den Grußworten des Leiters des Fraunhofer WKI, Professor Dr.-Ing. Bohumil Kasal, eröffnete Professor Dr. Tunga Salthammer, Leiter des Fachbereichs Materialanalytik und Innenluftchemie, den Workshop mit einem Übersichtsvortrag. Er legte dar, dass das Dauerthema »chemische Reaktionen in Innenräumen« aktueller denn je sei. Salthammer betonte: »Kammer- und Produktprüfungen sind in ihrer Aussage limitiert«. Darüber hinaus ging er auf die seit Jahren andauernde Formaldehyddiskussion ein und warnte vor einer Überregulierung des Innenraums während, weitgehend unbeachtet, die Formaldehyd-Konzentration in der Außenluft, insbesondere in Großstädten, stetig zunimmt.

Dr. Michael Wensing vom Fraunhofer WKI referierte über nationale (Deutschland, Belgien, Frankreich) und geplante europäische Konzepte zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten. Nicole Dommaschk vom Deutschen Institut für Bautechnik berichtete über die Bemühungen, die vorhandenen nationalen Bewertungssysteme in ein einheitliches europäisches Bewertungssystem zu überführen. Sie ging dabei auf das baurechtliche System in Deutschland, die »provisorische« NIK(LCI)-Liste und den Entwurf eines harmonisierten Deklarationssystems zu Inhaltsstoffen von Bauprodukten (VOC-Klassensystem) ein.

Dr. Peter Sauerwein vom Verband der Holzwerkstoffindustrie VHI legte die Position des Verbands zum VOC-Klassensystem dar. Darüber hinaus berichtete er über drei neue, im Förderschwerpunkt »Reduzierung bzw. Vermeidung von Emissionen aus Holz und Holzprodukten« des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) geförderte Forschungsprojekte zum Einfluss von Holz auf die Innenraumluft.

Dr. Ana Maria Scutaru vom Umweltbundesamt stellte die Ergebnisse eines gemeinsamen Forschungsprojekts mit der HTW Berlin zur Innenraumluftqualität nach Einbau von Bauprodukten in energieeffizienten Gebäuden vor. Fazit ihres Vortrags war, dass die Kombination von Bauprodukten mit einer geringen sensorischen Auffälligkeit bei sachgerechter Anwendung und normalen Temperatur- und Feuchte-Bedingungen zu einer guten Raumluftqualität führt. Tobias Schellenberger vom Industrieverband Polyurethan-Hartschaum e. V. präsentierte ein Gütezeichen für PU-Dämmstoffe.

Zur sensorischen Prüfung von Bauprodukten referierten Dr. Wolfgang Plehn (Umweltbundesamt), Dr. Wolfgang Horn (Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung), Dr. Erik Uhde (WKI) und Dr. Helge Kramberger (Dr. Robert-Murjahn-Institut GmbH). Letzterer kritisierte in seinem Vortrag insbesondere fehlende Daten bezüglich der Praxistauglichkeit der ISO 16000-28 zur sensorischen Bewertung von Bauprodukten. Bisher sei nur die Methodik nicht aber das Verfahren untersucht.

Auf dem Podium diskutierten die Referentinnen und Referenten ausführlich ihre Positionen mit den Workshop-Teilnehmenden aus Industrie, Behörden und Instituten. Auch über die Problematik vorgeblich geruchsarmer Produkte, auf die möglicherweise die Einbausituation einen Einfluss haben kann, tauschten sich die Referenten aus. Sie waren sich einig darin, dass zum gegebenen Zeitpunkt lediglich Einzelprodukte untersucht werden könnten, da die Prüfung von Systemaufbauten einen großen Aufwand bedeute. Zudem weist die ISO 16000-28 noch diverse Schwächen auf. Eine gründliche Überarbeitung der Vorschrift wurde von Herrn Dr. Plehn angekündigt.

Im letzten Teil der Veranstaltung trugen drei Referentinnen über zukünftige Entwicklungen und Trends bezüglich der Innenraumluftforschung vor. Hierzu zählten die Handlungsfelder zur standardisierten Charakterisierung der Innenraumluftqualität (Elisabeth Hösen und Sascha Nehr, Verein Deutscher Ingenieure e.V.) und die so genannten leichtflüchtigen organischen Verbindungen – VVOC (Dr. Alexandra Schieweck, Fraunhofer WKI). Im abschließenden Vortrag ging Frau Professorin Dr.-Ing. Runa Hellwig von der Augsburg University of Applied Sciences auf die Chancen für Raumluftqualität und Energieeffizienz in Smart Homes ein. Sie legte unter anderem dar, wie wichtig eine nutzergesteuerte Beeinflussung der Funktionen des Hauses auch weiterhin ist, da die wahrgenommene Einflussfähigkeit mit der Zufriedenheit der Bewohner korreliert.

Der Internationale Verein für Technische Holzfragen iVTH e. V. und die WKI-Akademie unterstützten den Workshop.

https://www.wki.fraunhofer.de/de/presse-medien/pi_ws-wohngesundheit_nachlese.htm…

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