Proteinchips testen neue Krebs-Medikamente

Wenn neue Medikamente vor der Anwendung am Patienten auf ihre Wirksamkeit getestet werden sollen, sind im Allgemeinen aufwändige, teure Testreihen mit viel Materialaufwand notwendig.

Ein neuer Proteinchip könnte das jetzt ändern. Assay Scriptum, ein Forscherteam am Zentrum für Biomolekulare Wirkstoffe (BMWZ) der Leibniz Universität, bedruckt Chip-Oberflächen mit Proteinen, um effizient und materialsparend Wirkstoffe gegen Krankheiten zunächst auf Wirksamkeit und später auf Nebenwirkungen und Umweltverträglichkeit zu testen.

Für die bislang in dieser Form einmalige Neuentwicklung wurden die Forscher von Assay Scriptum (Assay: Test/Probe zum Nachweis bestimmter Substanzen; Scriptum: von lateinisch „Geschriebenes“) jetzt beim Wettbewerb StartUp-Impuls mit 2.500 Euro ausgezeichnet.

„Wir haben sehr vielversprechende erste Ergebnisse bei der Sondierung von neuen Krebswirkstoffen erzielt“, berichtet Dr. Carsten Zeilinger. Gemeinsam mit Dr. Frank Stahl und Dr. Johanna Walter hat er vor etwa einem halben Jahr den ersten Chip bedruckt und getestet. „Wir waren selber ganz beeindruckt, wie gut das System tatsächlich funktioniert.“ Ziel der Testreihe von potenziellen neuen Krebsmedikamenten ist es, geeignete „Aus-Schalter“ zu finden, die fehlgeleitete Vorgänge in der Zelle unterbinden. Angriffspunkt der krebsartigen Veränderungen in der Zelle ist das sogenannte Reparatursystem HSP90. In der gesunden Zelle ist es dafür da, Proteine zu reparieren.

In pathologisch veränderten Zellen ist diese Funktion, Fehlfaltungen von Proteinen zu reparieren, jedoch kontraproduktiv. Zellen mit Folgeschäden des Erbguts können sich dann unkontrolliert vermehren. „Eine Reparaturmaschine, die gut gemeint ist, aber das Falsche bewirkt“, erläutert Dr. Stahl. Man hofft, mit neuen Wirkstoffen biokompatible „Aus-Schalter“ für das Reparatursystem HSP90 in Krebszellen zu finden.

Mit dem neuen Chip können viele potenzielle „Aus-Schalter“ überprüft werden. Die Chip-Oberflächen werden mit Proteinen bedruckt, anhand derer getestet werden kann, ob der neue Wirkstoff funktioniert. So kann nun neben der reinen Anwesenheit des Proteins auch seine Funktion getestet werden – und das extrem zeit- und materialsparend. Die Proteinmenge, die für die bisherigen Ansätze (Mikrotiterplatte) benötigt wird, reicht für einige Tausend Chips; das bedeutet also eine Materialeinsparung um das mehr als Tausendfache. Ein weiterer großer Vorteil ist die Stabilität der Chips. Sie sind robust und klein genug, um sie im Paket zu verschicken und im Kühlschrank zu lagern, was bei den herkömmlichen Systemen nicht ohne Weiteres möglich ist.

Die Forschung an Naturwirkstoffen gegen Krebs ist vielversprechend. Medikamente, die schon im Gebrauch oder klinisch getestet worden sind, scheinen recht gut zu wirken. „Mit den neuen Chip-Testsystemen könnten aber nicht nur Krebsmedikamente, sondern auch Wirkstoffe etwa gegen Malaria, Bakterien oder Pilze getestet werden“, sagt Dr. Walter.

Das Testsystem soll bald patentiert werden. Das Assay Scriptum-Team denkt über eine Ausgründung nach, um die Chips auf den Markt zu bringen. Auch Kooperationen mit interessierten Pharma-Firmen wären möglich.

Media Contact

Jessica Lumme Leibniz Universität

Weitere Informationen:

http://www.uni-hannover.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer