Die Züchtung neuer Zähne – Vision und Realität?

Die Stammzellforschung der letzten Jahre und damit zusammenhängende neue Verfahren des Tissue Engineering haben die Entwicklungen in der regenerativen Medizin rasant beschleunigt.

Der außerhalb Deutschlands schon weit fortgeschrittene Forschungsstand in der dentalen Stammzelltechnologie ist aber in der Zahnheilkunde hierzulande wenig bekannt und für die Praxis noch ohne Bedeutung. Allerdings haben diese Entwicklungen einerseits zu Befürchtungen über negative Auswirkungen auf herkömmliche zahnärztliche Behandlungen, andererseits zu übertriebenen Hoffnungen, z.B. auf ein Nachwachsen „dritter Zähne“, geführt.

In der dentalen Stammzellforschung spielen embryonale Stammzellen eine geringe Rolle. Sog. adulte Stammzellen können aber inzwischen aus fast allen Organen und Geweben der Mundhöhle isoliert werden. Dazu zählen u.a. Pulpa, Zahnhalteapparat, Zahnkeime mit Follikel, Kieferknochen, Mundschleimhaut, Kiefergelenk oder Speicheldrüsen.

Aus ihnen lassen sich verschiedene Zellarten, wie Odontoblasten, Osteoblasten oder Epithelzellen ableiten, deren regenerative Potenz oder Verhalten auf Werkstoffen in vitro, im Tierversuch oder ersten klinischen Studien intensiv beforscht wird. Darüber hinaus können aus ihnen zahlreiche andere Zellarten, wie z.B. Muskel- oder Nervenzellen, differenziert werden, die ihren Einsatz für extraorale regenerative Verfahren geeignet erscheinen lassen.

In den USA und einigen europäischen Ländern bieten deshalb erste dentale Stammzellbanken ihre Dienste an. Aus allen reifen Körperzellen können inzwischen auch Stammzellen „reprogrammiert“ werden, die im Prinzip für die Anwendung in der Mundhöhle geeignet wären.

Die Neubildung von Zähnen im lebenden Organismus wird mit verschiedenen Ansätzen, wie z.B. Transplantations- oder molekulargenetischen Verfahren, im Tierversuch getestet, und hat 2009 erstmalig zur erfolgreichen Zahnkeimbildung mit Eruption eines okklusal belastbaren Zahns bei der Maus geführt.

Während die Anwendung von Knochenstammzellen für chirurgische Zwecke schon an der Schwelle zur Klinik steht, wird für die meisten zahnmedizinischen Fächer die Stammzellforschung mittel- bis langfristig eher zu einer „Biologisierung“ regenerativer Techniken und Implantatversorgungen mit herkömmlichen Werkstoffen führen, die auch für die Zahntechnik neue Arbeitsfelder eröffnen könnte. Obwohl im Tierversuch schon möglich, ist es zum jetzigen Zeitpunkt schwierig vorauszusagen, wann ein vollständiger Ersatz funktionsfähiger Zähne für den Menschen realisierbar sein wird. Für die Zukunft sollte deshalb eine engere Verknüpfung zwischen biomedizinischer Forschung, Zahnmedizin und Dentalindustrie angestrebt werden.

Media Contact

Markus Brakel idw

Weitere Informationen:

http://www.dtzt.de

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