Wie man das Leben von Pilzen verlängert

Intakte Mitochondrien sind von vitaler Bedeutung für die Zellfunktion. Als „Mini-Kraftwerke“ produzieren sie Energie für die Arbeit der Zelle. Seit langem vermuten Forscher, dass Mitochondrien einen entscheidenden Einfluss auf Alterungsprozesse und typische Alterskrankheiten haben.

Umgekehrt haben sie eine wichtige Funktion bei lebensverlängernden Prozessen, wie die Arbeitsgruppe von Prof. Heinz D. Osiewacz von der Universität Frankfurt in der aktuellen Ausgabe des Biotechnology Journals berichtet. Die Ausgabe, für die Osiewacz als Gastherausgeber verantwortlich zeichnet, widmet sich vollständig dem Thema „Mitochondria and Aging“.

Den lebensverlängernden Einfluss der Mitochondrien konnte die Frankfurter Forschergruppe am Institut für Molekulare Entwicklungsbiologie an einem kleinen, gewöhnlich eher unbeachteten Pilz mit Namen Podospora anserina nachweisen. Anders als von Menschen gebaute Kraftwerke sind die Mitochondrien innerhalb der Zelle einem ständigen Wandel unterworfen: sie teilen sich fortwährend und vereinen sich wieder in neuer Zusammensetzung. Bei einer Mutante des Pilzes konnte der Teilungsmechanismus der Mitochondrien durch das Ausschalten eines Genes unterbunden werden. Diese Mutante lebt bis zu elf Mal länger als der Wildtyp, ist aber ähnlich vital. Ihre Mitochondrien bilden regelrechte Netzwerke innerhalb der Zelle.

Bei einer weiteren Mutante, bei der das gleiche Gen nicht ausgeschaltet, sondern in vermehrter Zahl vorhanden ist, kann man den gegenteiligen Effekt beobachten, nämlich eine Fragmentierung der Mitochondrien in kleinere Einheiten. Wie Dr. Christian Scheckhuber und seine Mitarbeiter im Biotechnology Journal berichten, ist das Leben dieser Mutante bei gleichzeitigem oxidativem Stress im Vergleich zum Wildtyp verkürzt. Oxidativer Stress, der Alterungsprozesse von Zellen beschleunigt, wird überwiegend durch Abfallprodukte der Zellatmung ausgelöst: die reaktiven Sauerstoffspezies (ROS). Je älter eine Organismus ist, desto mehr ROS werden produziert. In den Experimenten konnte nun nachgewiesen werden, dass eine Wechselwirkung zwischen Mitochondriendynamik und oxidativem Stress besteht, die einen entscheidenden Einfluss auf Alterungsprozesse hat. Möglicherweise spielen diese Prozesse auch eine Rolle bei der Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen des Menschen.

Auch das menschliche Genom enthält eine dem hier analysierten Teilungsgen vergleichbare Variante. Erkenntnisse, gewonnen aus einem doch primitiv erscheinenden Organismus wie P. anserina, könnten daher wichtige Hinweise geben, die Alterung des Menschen und alternsrelevante Krankheiten besser zu verstehen. Damit eröffnet sich auch die Möglichkeit, Lösungen für ein gesundes Altern zu suchen.

Weitere Beiträge zu Thema Mitochondrien und Altern finden Sie im Heft Biotechnology Journal 3 (6): 701-828 und unter
folgenden Links:
http://www3.interscience.wiley.com/journal/118821625/abstract http://doi.wiley.com/10.1002/biot.200890057

http://www3.interscience.wiley.com/journal/119876446/issue

Informationen
Dr. Markus Bucher, Tel.: (069) 798-29548, m.bucher@bio.uni-frankfurt.de, Molekulare Entwicklungsbiologie, Campus Riedberg, Universität Frankfurt.

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