Wolfgang-Stille-Preis geht an zwei Heidelberger Virologen

Der mit 10.000 Euro dotierte Wolfgang-Stille-Preis, der Wissenschaftspreis der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG), wurde am 9. Oktober an Professor Dr. Oliver Keppler und Dr. Christine Goffinet aus der Abteilung für Virologie (Leiter: Professor Dr. Hans-Georg Kräusslich) des Universitätsklinikums Heidelberg verliehen.

Den Forschern und ihrer Arbeitsgruppe ist es gelungen, Wirkmechanismen eines Medikaments gegen die HIV-Infektion beim Menschen in einem von ihnen entwickelten transgenen Rattenmodell zu zeigen. Die Ergebnisse der Studie wurden im August 2009 im Journal of Virology veröffentlicht. Die Heidelberger Wissenschaftler teilen sich den Preis mit einer Arbeitsgruppe aus Freiburg.

Neue Medikamente sind wirksam, aber warum?

Die Entwicklung und Charakterisierung neuer therapeutischer Strategien gegen HIV stellt eine der wichtigsten Herausforderungen im Bereich der Infektionsforschung dar. Klinische Studien an HIV-Patienten mit den seit 2007 zugelassenen HIV-Integrase-Inhibitoren zeigten, dass diese Medikamente sehr wirksam sind. Wie sie das Virus effektiv bekämpfen, ist jedoch weitgehend unbekannt.

Um dies zu untersuchen, nutzten die Heidelberger Forscher das von ihnen entwickelte transgene Kleintiermodell: Normalerweise ist HIV für Ratten nicht infektiös. Die Wissenschaftler brachten deshalb Gene des Menschen in das Erbgut von Ratten ein, die eine HIV-Infektion dieser Nager ermöglichen. Die Viren befallen Körperzellen, um sich in ihnen zu vermehren. Ein wichtiger Schritt in diesem Vermehrungszyklus ist der Einbau der Virus-DNA in das Erbgut der Wirtszelle.

Einbau der Virus-DNA in das Erbgut der Wirtszelle wird gehemmt

Die Preisträger konnten zusammen mit Wissenschaftlern von GlaxoSmithKline unter anderem zeigen, dass die orale Behandlung der Ratten mit dem HIV-Integrase-Inhibitor diesen Einbau fast vollständig hemmt. Dieser direkte Nachweis konnte bisher in HIV-infizierten Patienten noch nicht erbracht werden.

In ihrer Studie konnte das Heidelberger Forscherteam außerdem detaillierte pharmakologische und virologische Daten gewinnen. Mit Hilfe dieser Daten können die pharmakologischen Eigenschaften eines Wirkstoffs im lebenden Organismus genauer vorhergesagt werden – ein wichtiger Schritt hin zum besseren Verständnis darüber, wie ein Medikament gegen HIV wirkt.

Preis würdigt herausragende Forschungsarbeiten der Infektiologie und Medizinischen Mikrobiologie

Der von Pfizer Pharma Deutschland gestiftete Preis erinnert an den Infektiologen und früheren Vorsitzenden der PEG, Professor Dr. Wolfgang Stille (1935-2004). Die Preisverleihung fand im Rahmen der 22. Jahrestagung der PEG am 9. Oktober 2010 in Bonn statt. Die PEG würdigt mit dem alle zwei Jahre verliehenen Preis herausragende Forschungsarbeiten auf den Gebieten Infektiologie und Medizinische Mikrobiologie.

Literatur:
Christine Goffinet, Ina Allespach, Lena Oberbremer, Oliver T. Keppler et al.: Pharmacovirological Impact of an Integrase Inhibitor on Human Immunodeficiency Virus Type 1 cDNA Species In Vivo. Journal of Virology, Aug. 2009, p. 7706–7717 Vol. 83, No. 15.

Christine Goffinet, Ina Allespach and Oliver T. Keppler, HIV-susceptible transgenic rats allow rapid preclinical testing of antiviral compounds targeting virus entry or reverse transcription, Proc. Natl. Acad. Sci. USA 104(3):1015-20 (2007)

Weitere Informationen im Internet:
www.klinikum.uni-heidelberg.de/Virology.4722.0.html
www.p-e-g.org
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Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 7.600 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 40 Kliniken und Fachabteilungen mit ca. 2.000 Betten werden jährlich rund 550.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.400 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland.
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