Ökonom: Herkunft bestimmt wirtschaftlichen Erfolg

Einen neuartigen Erklärungsansatz für globale Unterschiede im wirtschaftlichen Erfolg stellen Ökonomen der Brown University zur Diskussion. Sie vergleichen lange zurückgehende geografische Herkunft heutiger Gesellschaften mit ihrem Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf. Die kulturelle Prägung über Jahrhunderte habe laut Wissenschaftlern großen Einfluss auf die Wirtschaftsleistung der Länder.

„Die wichtigste Ressource der Wirtschaft ist der Mensch. Wir dürfen ihn nicht nur unter dem Aspekt seiner Arbeitsfähigkeit oder Ausbildung sehen, sondern müssen auch das kulturelle Erbe berücksichtigen, das er in sich trägt“, betont Studienautor Louis Putterman im Interview mit pressetext.

Die Forscher erstellten eine Weltkarte, die die regionale Herkunft der heute ansässigen Bevölkerung von 164 Ländern im Laufe von fünf Jahrhunderten zeigt. Den höchsten Anteil von Vorfahren aus derselben Region gibt es demnach in Europa, Asien und Nordafrika, wo neun von zehn Vorahnen bereits im Jahr 1500 im gleichen Gebiet wohnten.

Zwei Drittel der Vorfahren der Bewohner Mexikos und Zentralamerikas gehen auf die indigene Bevölkerung vor der spanischen Eroberung zurück, in Südamerika sind es nur 20 Prozent. Kaum über eingeborene Vorfahren verfügen hingegen mit jeweils drei Prozent die USA, Kanada, Australien und Neuseeland, die Einwohner der Karibik verfügen über keine Vorfahren aus der Region.

Die Verortung der Vorfahren könne laut Putterman erklären, warum heute nicht nur Zivilisationen wie China, Japan, Korea, Italien und Deutschland erfolgreich sind, die bereits vor Jahrhunderten relativ fortgeschritten waren. „Kanada oder Australien würden dieser Theorie zwar widersprechen, doch wurden diese Länder von Nachfahren der Bewohner von bereits früher erfolgreichen Ländern bevölkert“, so Putterman. Die Migration von Teilen der Bevölkerung hätte demnach bedeutende Elemente des Wirtschaftserfolgs in neue Gebiete transferiert. Putterman hält grundsätzliche Einstellungen als die wirtschaftlich wichtigsten dieser Transfers. „Arbeitsethos, Wert der Bildung, Einstellung gegenüber Handel und Spezialisierung, Kooperation, soziale Verantwortung und die Bereitschaft zu Steuerzahlungen haben hier besondere Bedeutung“, so der Wissenschaftler aus dem US-Bundesstaat Rhode Island.

Taiwan bezeichnet Putterman als gutes Beispiel für den Einfluss der Migration auf die Wirtschaftsentwicklung. „Um 1500 war es von kleinen Stämmen polynesischen Ursprungs besiedelt, ehe in mehreren Wellen Einwanderer aus dem wirtschaftlich viel dynamischeren China auf die Insel kamen.“ Der Charakter dieser Einwanderer hätten den heutigen Erfolg Taiwans grundgelegt. „Damit ist keine generelle Überlegenheit eines Volkes oder eine absolute Rangordnung von Kulturen gemeint. Bestimmte kulturelle Wesenszüge haben sich jedoch als geeigneter für die Übernahme moderner Technologien und Geschäftspraktiken erwiesen“, erklärt Putterman. Von Interesse war im Ländervergleich auch der Einfluss der Migration auf die Wirtschaft. „Es konnte gezeigt werden, dass die kulturell heterogene Zusammensetzung einer Bevölkerung keinen wirtschaftlichen Nachteil für das Land bedeutet. Migration per se stellt also kein Problem dar“, so der US-Wirtschaftswissenschaftler.

Für die Wirtschaftspolitik sieht Putterman eine kulturelle Sensibilisierung notwendig. Erst dadurch könnten historisch belastete soziale Ungleichheiten wie Unterschiede zwischen Schwarzen und Weißen in Südafrika oder zwischen indigenen Bevölkerungsgruppen und den Nachfahren europäischer Einwanderer in Peru und Bolivien überwunden werden. Dieser Schritt sei äußerst wichtig für die Entwicklung dieser Länder. „Falls einem großen Bevölkerungsteil der Zugang zur wirtschaftlichen Entwicklung verwehrt wird, verkümmern viele potentielle Talente. Sogar privilegierten Schichten könnte es dadurch misslingen, ihrer eigenen Stärken optimal zu entfalten, da sie sich auf einem großen Angebot an billiger Arbeitskraft und auf den Anreizen zum Erhalt ihrer Privilegien ausruhen“, so Putterman abschließend zu pressetext.

Media Contact

Johannes Pernsteiner pressetext.austria

Weitere Informationen:

http://www.brown.edu

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