Rentenmarkt: Noch keine Entwarnung

Seit Jahresbeginn ist das Klima wieder etwas rauer geworden. Für Verstimmung sorgte vor allem der US-Arbeitsmarkt, der mit deutlich steigenden Löhnen bei gleichzeitiger Verlangsamung der Produktivitätsfortschritte überraschte. Damit ergibt sich nun auf vergleichbaren Renditeniveaus eine ähnliche Situation wie zuletzt Anfang November, was auch aus technischer Perspektive eine wichtige Bewährungsprobe darstellt. Insgesamt robuste Klimaindikatoren sowie konsolidierende Ölnotierungen verleihen der konjunkturellen Perspektive zwar Auftrieb und auch die Notenbanken scheinen diese Sicht zu favorisieren. Doch die Anleihe-Optimisten geben sich angesichts weiterhin gemäßigter Kerninflationsdaten sowie allmählich nachlassenden Auftriebs bei einigen Stimmungsindikatoren noch keineswegs geschlagen. Aktuell verzinsen sich zehnjährige Bundesanleihen zu 3,5 Prozent, ihre US-Pendants rund 110 Basispunkte höher. Seit dem Jahresbeginn sind die Renditen damit jeweils um rund 20 Basispunkte gestiegen.

Konjunkturell steuert die Weltwirtschaft weiterhin auf solidem Wachstumskurs. Erwartungsverfehlungen wie beispielsweise bei den deutschen Auftragseingängen oder der US-Industrieproduktion vom Januar werden allgemein als unkritisch eingestuft. Im Vordergrund stehen vielmehr einerseits die unverändert intakten Arbeitsmarkt- und Investitionstrends in der tonangebenden US-Wirtschaft sowie andererseits Anzeichen verstärkter Binnenaktivität im Euroraum und in Japan. In Deutschland zeigen sich die Unternehmen der Februar-Umfrage des DIHK zufolge so investitionsfreudig wie zuletzt vor 11 Jahren. Für den Euroraum hat sich das Wirtschaftsklima im ersten Quartal (99,2 nach 84,8 Punkte) ebenfalls deutlich gebessert und die Kreditnachfrage zieht laut einer Untersuchung der EZB bereits spürbar an, was insbesondere mit Blick auf einzelne regionale Immobilienmärkte im Euroraum die Wachsamkeit der Notenbank schärft. Wenngleich derzeit noch schwer abschätzbar ist, ob sich in der Folge nennenswerte Effekte am Arbeitsmarkt ergeben, bewegt sich auch die EZB auf dem schmalen Grat zwischen Konjunkturförderung und Inflationsprophylaxe.

Mit der auf Sicht eines halben Jahres deutlich erkennbaren Verflachung der Zinsstrukturen (in den USA bis zur Inversion) haben die Anleger beidseits des Atlantiks auf die Gefahr einer weiteren geldpolitischen Verschärfung reagiert. Ob die Risikoszenarien in der aktuellen Renditestruktur hinreichend gewürdigt sind, entscheidet sich dabei vor allem an der künftigen Entwicklung der Kernraten der Teuerung (ohne Energie und Nahrungsmittel). Strukturell sprechen in erster Linie der erwartete globale Fortschritt des Investitionszyklus sowie der internationale Wettbewerbsdruck trotz zunehmender Auslastung der Kapazitäten für durchaus angemessen verankerte Inflationserwartungen. Im Zuge zunächst anhaltend robuster Konjunkturdaten sowie angesichts ultraniedriger Mehrrenditen sollte die Entscheidung über eine Verlängerung der Bindungsfrist jedoch zunächst aufgeschoben und stattdessen der höheren Beweglichkeit kürzerer Laufzeiten Vorzug eingeräumt werden.

Media Contact

Dr. Stefan Steib presseportal

Weitere Informationen:

http://www.lrp.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Wirtschaft Finanzen

Aktuelle und interessante Meldungen und Entwicklungen aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften finden Sie hier zusammengefasst.

Unter anderem bietet Ihnen der innovations-report Berichte aus den Teilbereichen: Aktienmärkte, Konsumklima, Arbeitsmarktpolitik, Rentenmarkt, Außenhandel, Zinstrends, Börsenberichte und Konjunkturaussichten.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer