Wie viel Wert hat ein Unternehmen? Human- und Sozialkapital kennen, nutzen und fördern.

Zur Konferenz „Methoden der Erfassung und Bewertung immaterieller Ressourcen“ des Forschungsverbundes „Nachhaltigkeit von Arbeit und Rationalisierung“ am Institut Arbeit und Technik

Bei einem Blick auf die Börsenwerte großer Unternehmen wird deutlich, dass das Human- und Sozialkapital heute oft mehr als die Hälfte des Wertes eines Unternehmens ausmacht. Das individuelle Wissen und Können der Mitarbeiter, ihre Leistungsfähigkeit und Gesundheit, aber auch Reputation, Vertrauen, die Einbettung in Netzwerke und ähnliche „weiche“ Faktoren gelten zunehmend als wesentliche Quellen des langfristigen wirtschaftlichen Erfolges.

In Kostenrechnung und Bilanzierung werden diese immateriellen Ressourcen bisher kaum wirklich erfasst. Wie kann man sie richtig bewerten, besser nutzen und gezielt für den Unternehmenserfolg einsetzen? Neue Methoden und Instrumente zur Erfassung und Bewertung immaterieller Ressourcen waren jüngst Thema einer Tagung des Forschungsverbundes „Nachhaltigkeit von Arbeit und Rationalisierung“ (NAR) am 21. und 22. Oktober im Institut Arbeit und Technik/ Wissenschaftszentrum NRW in Gelsenkirchen, zu der sich rund 70 Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen, Unternehmensberater und „Praktiker“ aus der Wirtschaft trafen.

Die zunehmende Bedeutung immaterieller Werte wird seit kurzem durch die neuen Bilanzierungsregeln in der Europäischen Union gewürdigt, wie Dr. Inge Wulf von der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg erläuterte. Eine die Unternehmensbilanz ergänzende „Lageberichterstattung“ erlaubt zudem die Darstellung und Bewertung von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten des Unternehmens sowie Informationen zu selbst geschaffenen immateriellen Werten. Präzisere quantitative Angaben zu den „intangible assets“ sollten aber weiterhin als Ziel verfolgt werden, z.B. bei entsprechender Ausgestaltung von Wissensbilanzen.

Daneben standen vor allem Verfahren und Methoden zur Erfassung und Bewertung des Humankapitals, d.h. dem Wissen und Können der Beschäftigten, und des Sozialkapitals im Mittelpunkt der Tagung. Einen dritten Schwerpunkt bildete die Bilanzierung von Gesundheit und Belastung der Mitarbeiter. Prof. Dr. Peter Richter, Arbeits- und Organisationspsychologe an der Universität Dresden, zeigte anhand eines neuen Bewertungsverfahrens exemplarisch, wie sich die ökonomische Effizienz und Effektivität von Gesundheitsförderungsmaßnahmen im betrieblichen Kontext belegen lässt, und damit ein Nachweis für die positiven ökonomischen Effekte dieser Maßnahmen geliefert werden kann.

Ein Trend bei qualifizierter „Kopfarbeit“ ist die zunehmende „Subjektivierung von Arbeit“, wie Dr. Anja Gerlmaier vom IAT ausführte. Eigeninitiative, individuelle Leistungsaushandlung und Selbstkontrolle sind in vielen dieser Tätigkeitsbereiche mittlerweile selbstverständlich, führen aber zu veränderten Belastungsmustern, die erst mit entsprechend angepassten Verfahren ermittelt werden können. Auch die gesundheitlichen Folgen unterscheiden sich: Klagte man früher eher über Monotonie, körperliche Zwangshaltungen mit der Folge von Demotivation und häufiger Abwesenheit, so sind es bei den modernen Kopfarbeitern eher Versagensängste, chronische Erschöpfung und „Burnout“, die die langfristige Produktivität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefährden.

Unternehmen, die erfolgreich in die Zukunft gehen wollen, müssen zudem den demografischen Wandel der Erwerbsbevölkerung bewältigen, führte der Arbeitsmediziner Dr. Jürgen Trempel, Hamburg, aus. Die regelmäßigen Arbeitsanforderungen sollte aus medizinischer Sicht in der Regel nicht mehr als die Hälfte der maximalen Leistungsfähigkeit betragen. Arbeitsplätze sollten zudem so gestaltet sein, dass man dort von 15 bis 65 arbeiten kann: „Wir brauchen keine Reservate für ältere ArbeitnehmerInnen, sondern eine altersgerechte Arbeitsgestaltung und -organisation!“

Das Verbundprojekt „Nachhaltigkeit von Arbeit und Rationalisierung“ unter Federführung der Technischen Universität Chemnitz wird vom BMBF im Rahmen des Schwerpunktes „Innovative Arbeitsgestaltung – Zukunft der Arbeit“ gefördert. Spezielle Aufgabe des IAT ist in diesem Rahmen, Bedingungen und Möglichkeiten nachhaltiger Arbeitsgestaltung bei hoch qualifizierter, wissensintensiver Projektarbeit zu untersuchen.

Media Contact

Claudia Braczko idw

Weitere Informationen:

http://www.nar-projekt.de

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