Blitzschnelle Werkstoffprüfung mit Ultraschall

Mit einem neuen Ultraschallverfahren lassen sich Materialfehler im Werkstoff dreidimensional darstellen. (© Fraunhofer IZFP)<br>

Werdende Mütter sind mit der Prozedur vertraut: Der Arzt untersucht sie mit einem Ultraschallgerät, auf dem Bildschirm erscheinen lebensechte Bilder des Fötus. Was in der Medizin seit Jahren gang und gäbe ist, wurde bisher bei der Werkstoffprüfung nur in relativ einfacher Form angewandt.

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Zerstörungsfreie Prüfverfahren IZFP in Saarbrücken haben nun das konventionelle Echolot-Verfahren – eine einfache Ultraschallmethode – umgekrempelt und mit innovativer Software die Erzeugung dreidimensionaler Bilder erreicht; gleichzeitig haben sie die Prüfrate auf das Hundertfache erhöhen können.

Zuverlässige Prüfverfahren sind in vielen Bereichen der Qualitätssicherung oder Produktion des Bauwesens nötig: Egal, ob Pipelines, Eisenbahnräder, Kraftwerkkomponenten, Brückenpfeiler oder auch tausendfach gefertigte Massenteile, man muss sicherstellen, dass sich in ihrem Inneren keine Risse oder Fehlstellen befinden. Bei der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung hat sich Ultraschall seit vielen Jahren bewährt. Mit einem Prüfkopf strahlt man ihn ins Werkstück hinein, und aus der Laufzeit der zurückreflektierten Signale lässt sich erkennen, wo sich Materialfehler befinden. Werkstücke auf diese Weise abzutasten ist relativ langwierig, da man in einem Prüftakt immer nur einen Einschallwinkel erfasst und die Bilder anschließend daraus zusammensetzt.

3-D-Bilder stellen Materialfehler dar

Soll die Ultraschallprüfung jedoch in die laufende Produktion integriert oder bei großen Komponenten angewendet werden, ist dieses Vorgehen zu langsam. Dr.-Ing. Andrey Bulavinov und sein Team am IZFP haben deshalb eine neue Methode entwickelt, die bis zu 100-mal schneller ist. »Wir arbeiten nicht mehr mit dem Verfahren des Echolot, das ein Schallfeld in eine bestimmte Richtung einstrahlt, sondern erzeugen mit dem Prüfkopf – Experten nennen ihn Phased Array – eine defokussierte, nicht gerichtete Welle, die das Material durchdringt«, erklärt der Ingenieur. »Dann kommen aus allen Richtungen Signale zurück, und der Rechner rekonstruiert aus diesen das Bild.« Ähnlich wie das bei seismischen Untersuchungen im Erduntergrund geschieht, analysiert er dabei die physikalischen Veränderungen, die die Welle im Werkstoff erfährt – also Beugung und Überlagerung – und ermittelt daraus die Verhältnisse im Inneren des Materials. »Wir folgen dem Schallfeld«, sagt Bulavinov, »und berechnen so die Eigenschaften des Werkstücks.« Ähnlich wie in der medizinischen Computertomographie entstehen am Ende dreidimensionale Bilder des untersuchten Objekts, auf denen eventuelle Fehlstellen leicht erkennbar sind. Das Verblüffende an diesem Verfahren: Ein Riss ist auch zu sehen, wenn er gar nicht direkt angeschallt wird.

Leichtbauwerkstoffe im Visier

Die Firma I-Deal Technologies, eine Ausgründung des IZFP, vermarktet Prüfsysteme, die auf diesem Prinzip beruhen. »Das Verfahren ist praktisch für alle Materialien der Luft- und Raumfahrt- sowie der Automobilindustrie geeignet, insbesondere auch für Leichtbauwerkstoffe«, betont Geschäftsführer Bulavinov. »Sogar für austenitische Stähle, eine Stahlsorte, die mit den konventionellen Ultraschallmethoden nur sehr eingeschränkt geprüft werden konnte, ist unser Verfahren geeignet.« Die Entwickler bieten bei Bedarf zudem eine vollautomatische quantitative Auswertung der Ultraschallprüfergebnisse an. Das IZFP demonstriert das Verfahren auch auf der Fachmesse für Qualitätssicherung Control 2011 vom 3. bis 6. Mai in Stuttgart (Halle 1, Stand 1502).

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Dr.-Ing. Andrey Bulavinov Fraunhofer Mediendienst

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