Das berührungslose Dispensen hochviskoser Medien.

Der kürzlich beendete Bayerische Forschungsverbund Mikroproduktionstechnik (FORMIKROPROD) hat eines seiner erarbeiteten Verfahren zum Patent angemeldet: Das berührungslose Dispensen hochviskoser Medien.


Wer je versucht hat, eine kleine Menge Honig genau abzumessen oder ein gerissenes hauchdünnes Halskettchen mit Klebstoff wieder zu reparieren, wird ermessen können, wie schwierig der bloße Umgang mit zähen Flüssigkeiten ist. In industriellen Anwendungen sind dies vor allem Flussmittel, Klebstoffe, Lacke und Lötpasten. Diese Flüssigkeiten sind hochviskos und enthalten zusätzlich häufig noch Feststoffe, beispielsweise um sie leitfähig zu machen. Die Mikrosystemtechnik stellt besonders hohe Anforderungen, denn hier sollen sie auf kleinste Bauteile mit einer Tropfengröße von wenigen Nanolitern und auf wenige Mikrometer genau aufgebracht (dispensen) werden. Berührende Verfahren wie Siebdruck, Stempeln und das Eintauchen der Bauteile bergen die Gefahr von Beschädigungen bei empfindlichen Bauteilen. Berührungslose Verfahren, bei denen es zu einer vollständigen Ablösung des Tropfens von der Dosierpumpe (Dispenskopf) kommt, sind schonender und finden deshalb in der Mikrosystemtechnik häufig Einsatz.

Die genaue Dosis

Dispensköpfe für hochviskose Flüssigkeiten stoßen die Flüssigkeit aus einer Mikrodüse aus. Außerhalb der Düse schnürt sich die Flüssigkeit auf Grund der Oberflächenspannung ein und bildet einen fliegenden Tropfen mit definierter Geschwindigkeit. Der Rest zieht sich zurück und benetzt bei hohen Viskositäten den Dispenskopf. Ob die Einrichtung dann noch funktionsfähig ist, hängt von der Größe dieses Meniskus ab, der von der Oberflächenspannung und vor allem von der Viskosität beeinflusst wird. Diese Parameter lassen sich oft über die Temperatur steuern, aber eben nicht immer. Manche Flüssigkeiten können nicht temperiert werden und fielen deshalb für industrielle Anwendungen aus. Jetzt gibt es neue Hoffnung für die zähen Substanzen.

Das Patent und seine Erfinder

Der Trick ist eine Unterdruckdüse, die seitlich an der Austrittsöffnung die Flüssigkeit in die Austrittsdüse zurücksaugt. Dadurch begrenzt die Unterdruckdüse den Meniskus vor der Austrittsöffnung oder entfernt ihn sogar: Ein Dispensen ist damit wieder möglich. Der Erfinder Prof. Dr.-Ing. Joachim Heinzl und seine Mitarbeiter vom Lehrstuhl für Feingerätebau und Mikrotechnik der TU München meldeten den neuen Dispenskopf zum Patent an. Ingenieur und Mit-Erfinder Stefan Grünwald ist begeistert: „Unser Dispenser kann Flüssigkeiten, die bis um den Faktor 5 zäher sind, noch exakt verteilen. Durch diese Einrichtung erreicht man auch eine Verringerung des Tropfenvolumens. Sie kann selbst Flüssigkeiten, die Feststoffe enthalten, noch ohne große Reinigungs- und Wartungsaufwand verarbeiten und das erweitert das Anwendungsspektrum beträchtlich.“

Patente entstehen selten im stillen Labor von einem einzelnen Wissenschaftler: Wichtige Partner in diesem Projekt waren das Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (TU München), die Robert Bosch GmbH, die Siemens AG und der Klebstoffhersteller Loctite. Die Industrie kann den neuen Dispenskopf bald einsetzen, weil er an das Dosiersystem der Firma Picodostec, die ebenfalls ein wichtiger Partner im Projekt war, adaptiert werden kann.

Genauere Auskünfte erteilen
Prof. Dr.-Ing. Joachim Heinzl und
Dipl.-Ing.(FH) Stefan Grünwald
Lehrstuhl für Feingerätebau und Mikrotechnik
Technische Universität München
Boltzmannstrasse 15
D-85747 Garching b. München
Tel (089) 2 89 – 1 51 79

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Christine Kortenbruck idw

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