MS Wissenschaft – Leinen los und durch Berlin

Vom Ausstellungsschiff MS Wissenschaft aus startet am 7. Mai 2015 die Tour durchs nächtliche Berlin Foto: Ilja Hendel/Wissenschaft im Dialog

Ungefähr zwei Drittel der deutschen Bevölkerung wohnen inzwischen in Städten – und erleben kaum noch Dunkelheit: Nachts leuchten Straßenlaternen und Schaufenster, Fabrikgelände und historische Gebäude werden angestrahlt. Wir machen die Nacht zum Tag. Doch wie verhalten sich Tiere, wenn es nachts nicht mehr dunkel wird? Welche Auswirkungen hat ein tagheller Nachthimmel auf unsere eigene Gesundheit?

An diesen und anderen Fragen arbeiten Forscher im Verbund „Verlust der Nacht“. Sie wollen die Hintergründe der wachsenden nächtlichen Lichtverschmutzung verstehen und diesem Phänomen entgegenwirken.

Ausprobieren erlaubt!

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung Berlin finanzierte Projekt ist Teil der Ausstellung an Bord der MS Wissenschaft, die zwischen April und September 2015 durch 40 deutsche Städte tourt.

In einem Simulationsspiel können Besucher als Eule Luna durch einen nächtlichen Stadtpark fliegen und dabei entdecken, wie sich Licht ressourcen- und umweltschonend einsetzen lässt. Sie erfahren, was passiert, wenn Menschen und Tiere zu viel künstlicher Beleuchtung ausgesetzt sind und wie Forscher, Lösungsansätze für moderne, innovative Beleuchtungskonzepte für die Stadt von morgen entwickeln.

Nachtwandern durch Berlin

Am 7. Mai 2015, wenn die MS Wissenschaft am Schiffbauerdamm in Berlin anlegt, steht ein ganzer Abend unter dem Thema „Verlust der Nacht“. Dann nimmt Dr. Sibylle Schroer die Besucher mit auf eine nächtliche Entdeckungsreise durch die Stadt, die niemals schläft und doch im internationalen Vergleich zu einer der dunkelsten Metropolen gehört.

Sibylle Schroer, wissenschaftliche Koordinatorin des Verbundprojekts am IGB, erklärt, wie sich die Beleuchtung der Straßen und Hinterhöfe in Berlins Mitte während der letzten 20 Jahren verändert hat, welche Überlegungen hinter Beleuchtungskonzepten stecken, aber auch welche Auswirkungen auf Wildtiere sowie auf das menschliche Wohlbefinden durch Straßenbeleuchtung und andere künstliche Lichtquellen zu erwarten sind.

„Seit dem Mauerfall hat sich das Gesicht des Stadtkerns zwischen Friedrichstraße und Hackescher Markt grundlegend gewandelt“, erzählt Sibylle Schroer. Der östliche Stadtkern Berlins erstrahlt vielerorts in neuem Licht, Häuser wurden restauriert und die meisten Dachböden zu Wohnungen ausgebaut. Zudem wurden viele Freiflächen und Brachen bebaut oder versiegelt. „Anhand einiger markanter Plätze möchten wir den Besuchern diese Veränderungen veranschaulichen und gemeinsam mithilfe der ›Verlust der Nacht‹-App erkunden, wie viele Sterne im Innenstadtbereich noch sichtbar sind.“, so Schroer.

Ein innovatives Lichtkonzept für Berlin

„Berlin zeigt eindrucksvoll, dass weniger Beleuchtung nicht zwingend mit einem Verlust an Sicherheit einhergehen muss“, sagt Dr. Franz Hölker, Wissenschaftler am IGB und Leiter des Forschungsverbundes „Verlust der Nacht“. Wie Untersuchungen im Rahmen des Berliner Lichtkonzepts der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt zeigen, weisen Straßen mit einem relativ niedrigen Beleuchtungsniveau und Straßen mit einem eher hohen Beleuchtungsniveau ganz ähnliche Unfallbelastungen auf.

„Die einfache Formel ›mehr Licht, mehr Sicherheit‹ ist daher nicht überzeugend“, fasst Franz Hölker zusammen. Das Berliner Lichtkonzept, in das auch Erfahrungen und Ergebnisse aus „Verlust der Nacht“ einflossen, führt erstmals die Ansprüche an Sicherheit, Energieeffizienz, Ökologie, Gesundheit und Lichtstimmung zusammen.

„Eine nachhaltige Beleuchtung im öffentlichen Raum erfordert, sicherheitsspezifische, ökonomische und ästhetische Aspekte mit dem Schutz der Natur und gesundheitlichen Aspekten in Einklang zu bringen“, erklärt Hölker. Dabei ginge es nicht rückwärtsgewandt um das Abschalten künstlicher Beleuchtung, sondern vielmehr um das rechte Maß. So empfehlen die Forscher beispielsweise, in naturnahen Bereichen weitgehend auf künstliches Licht zu verzichten und direkte Beleuchtungen von Gewässern zu vermeiden.

„In naturnahen Räumen müssen andere Kriterien zum Schutz von lichtempfindlichen Arten und Ökosystemen zugrunde gelegt werden als in zentralen urbanen Bereichen oder Wohnsiedlungen, in denen es gilt, vorrangig den Schlaf des Menschen zu schützen“, so Hölker weiter.

Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung Berlin hatte 2009 die Förderung für den Aufbau des interdisziplinären Forschungsverbunds unter dem Titel „Lichtimmissionen im öffentlichen Raum “ übernommen. Aus dieser Förderung entstand nicht nur der nationale Forschungsverbund „Verlust der Nacht“ (BMBF, SenWTF) sondern weiterhin das europäische Netzwerk „Loss of the Night“ (LoNNe, ES1204), gefördert durch die Europäische Kooperation für Wissenschaft und Technologie (EU-COST).

Für die Veranstaltung zum Thema können sich Interessierte noch bis zum 6. Mai 2015 anmelden:
Datum: Donnerstag, 7. Mai 2015, 20:00 Uhr
Ort: MS Wissenschaft, Schiffbauerdamm Berlin (Höhe Haus-Nr. 15, Bhf. Friedrichstraße)
www.ms-wissenschaft.de/programm/veranstaltungen/nachtwanderung-berlin.html

Ansprechpartner:
PD Dr. Franz Hölker
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), Berlin
Wissenschaftler / Leiter des Forschungsverbundes „Verlust der Nacht“
Müggelseedamm 310, 12587 Berlin
Telefon: +49 (0)30 64 181 665
E-Mail: hoelker@igb-berlin.de

Dr. Sibylle Schroer
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), Berlin
Wissenschaftlerin / Koordinatorin des Forschungsverbundes „Verlust der Nacht“
Müggelseedamm 310, 12587 Berlin
Telefon: +49 (0)30 64 181 717
E-Mail: schroer@igb-berlin.de

Angelina Tittmann
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), Berlin
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Müggelseedamm 310, 12587 Berlin
Tel. +49 (0)30 64181631
Mobil: 0170 4549034
E-Mail: tittmann@igb-berlin.de

Weitere Informationen zum Projekt „Verlust der Nacht“:
www.verlustdernacht.de (Projekt-Website)
www.cost-LoNNe.eu
https://vimeo.com/channels/802192 (Zeitraffer-Aufnahmen Berliner Nächte)
„Verlust der Nacht“ ist der weltweit einzige interdisziplinäre Forschungsverbund, in dem Wissenschaftler die ökologischen, gesundheitlichen sowie kulturellen und sozioökonomischen Auswirkungen, aber auch die Ursachen für die zunehmende Beleuchtung der Nacht untersuchen. Koordiniert wird das Projekt vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin. Beteiligt sind fünf weitere Leibniz-Institute, ein Helmholtz-Zentrum und zwei Universitäten. Auf Grundlage der Forschungsergebnisse sollen Lösungsansätze für moderne Beleuchtungskonzepte und nachhaltige Techniken entstehen.

Die Startförderung übernahm 2009 die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung Berlin unter dem Titel „Lichtimmissionen im öffentlichen Raum – Entwicklung von nachhaltigen Beleuchtungskonzepten und -techniken“, um den interdisziplinären Forschungsverbund „Verlust der Nacht“, aufzubauen. In der Folge wurde das Projekt vor allem durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmenprogramm „Forschung für Nachhaltige Entwicklungen“ (FONA) und weiterhin von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung Berlin gefördert.

Weitere Informationen zur MS Wissenschaft:
Das Ausstellungsschiff MS Wissenschaft ist ein umgebautes Binnenfrachtschiff mit einer Ausstellungsfläche von 600 Quadratmetern. Die MS Wissenschaft ist seit 2002 im Rahmen der Wissenschaftsjahre jeden Sommer als schwimmendes Science Center quer durch Deutschland unterwegs. Ihre Tour startete am 15. April 2015 in Dresden; bis zu ihrer letzten Station im September 2015 besucht das Schiff insgesamt 40 deutsche Städte. Die Ausstellung ist täglich von 10:00 bis 19:00 Uhr geöffnet. Das Angebot richtet sich insbesondere an Schulen, Jugendliche und Familien. Der Eintritt ist frei.

http://www.ms-wissenschaft.de
http://www.verlustdernacht.de
http://www.cost-LoNNe.eu
http://www.igb-berlin.de

Media Contact

Karl-Heinz Karisch Forschungsverbund Berlin e.V.

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