Die Frage „Gesund oder krank?“ ganz neu betrachtet

Den derzeitigen Stand der Technik und künftige Entwicklungsziele in der Hochleistungsflüssigchromatographie (HPLC), der Auftrennung von Substanzgemischen nach allen Regeln der Kunst also, präsentiert die HPLC 2009 vom 28. Juni bis 2. Juli in Dresden.

Die nunmehr 34. internationale HPLC-Tagung wird immer, wenn sie nach Deutschland kommt, von der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) organisiert – so bereits 1983 in Baden-Baden und 1993 in Hamburg.

Welche Höchstleistungen die Flüssigchromatographie für die Analytische Chemie bringen könnte, wurde in den 1960er Jahren deutlich. Mit neuen instrumentellen Entwicklungen gelang es seither, immer komplexere Substanzgemische aus der Umwelt wie auch aus technischen Produkten oder Lebensmitteln, aus Pflanzenextrakten oder menschlichen Körperflüssigkeiten aufzutrennen und sie dann zu identifizieren und zu quantifizieren.

In den letzten Jahren hat die Flüssigchromatographie stetig neue Anwendungsgebiete erobert und zeigt auch auf instrumentellem Gebiet eine enorme Dynamik. So berichtet Professor Dr. Thomas Hankemeier von der Abteilung für Analytische Biowissenschaften am Leiden/Amsterdam-Zentrum für Pharmaforschung und Direktor des Niederländischen Zentrums für Metabolomik in einem der acht Plenarvorträge in Dresden, wie wichtig die HPLC als Trenntechnik auch für die Systembiologie ist. In der Systembiologie werden Kenntnisse ausder Genetik, der Proteinforschung, der Stoffwechselforschung (Metabolismusforschung), der Zellforschung und über biochemische Wechselwirkungen zu einem molekularbiologischen Modell verknüpft, das den Organismus in seiner Gesamtheit zu verstehen versucht. Dabei müssen sehr viele miteinander wechselwirkende biochemische Prozesse studiert werden und deren Veränderungen im Lauf der Zeit, wenn man beispielsweise eine Krankheit erkennen will. Dafür müssen häufig Tausende von Molekülen analysiert werden.

Seit der Jahrtausendwende wird dieser Ansatz wissenschaftlich intensiv verfolgt. Die Systembiologie gehört heute zu den wichtigsten Forschungsgebieten in den Life Sciences, weil sie neue Einsichten in die Biologie liefert und in der Medizin neue Wege für eine individuelle Behandlung eines Patienten eröffnet – nicht mehr auf ein Target (Wirkort) orientiert, sondern System orientiert.

Dieser biochemische Ansatz ist noch wesentlich komplexer als der Target orientierte und kann erfolgreich mit der HPLC adressiert werden. Die zu untersuchenden Proben aus dem menschlichen Körper werden mittels HPLC aufgetrennt und dann analysiert, zumeist mittels Massenspektrometrie (MS). Diese in der Sprache der Analytiker als LC-MS bezeichnete Kopplung von Flüssigchromatographie und Massenspektrometrie kann im Prinzip alle Metaboliten und Proteine nachweisen. Die große Menge der dabei ermittelten Daten muss jedoch von den Wissenschaftlern computergestützt ausgewertet und richtig interpretiert werden, um so neu Erkenntnisse zu gewinnen.

Hankemeier fokussiert seinen Vortrag in Dresden auf die Anwendung der LC-MS auf Stoffwechselvorgänge, die bei Erkrankungen verfolgt werden sollten. Hier werden also Abweichungen von den normalen physiologischen Prozessen untersucht, wodurch zwischen gesunden und krankheitsbedingt gestörten Abläufen unterschieden werden kann. Zur Zeit gilt es, alle Schritte von der Entwicklung des Experiments, der Probenahme, -handhabung und –präparation bis hin zur eigentlichen Analyse mit LC-MS, der Datenverarbeitung und –analyse zu optimieren und zu validieren. Die große Herausforderung ist hier vor allem die Vielzahl an Stoffwechselprodukten mit recht unterschiedlichen Eigenschaften. Um deren Quantifizierung mit großer Präzision und Genauigkeit selbst in den komplexesten Proben zu ermöglichen, wurden die Trenntechniken hinsichtlich ihrer Selektivität und Effizienz deutlich verbessert.

Die HPLC 2009 in Dresden bietet ein Forum, auf dem die vielfältigen Fragestellungen zu Trennstrategien oder analytischen Vorgehensweisen zielgerichtet, manchmal auch kontrovers, diskutiert werden. Trotz Internet und moderner Kommunikation bleibt der persönliche Gedankenaustausch eine unabdingbare Voraussetzung für wissenschaftlichen Fortschritt.

Neben weiteren Fragestellungen aus den Biowissenschaften behandelt die Tagung auch physikalisch-chemische Grundlagenforschung zu flüssigchromatographischen und elektrophoretischen Trenntechniken sowie neue Methoden in der Umwelt-, Lebensmittel- und industriellen Analytik. Mehr als 60 Aussteller werden vor Ort sein, von denen zahlreiche auch Anwenderseminare durchführen. Erwartet werden über 1.100 Teilnehmer.

Die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) gehört mit über 28.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Sie hat 26 Fachgruppen und Sektionen, darunter die Fachgruppe Analytische Chemie mit 2100 Mitgliedern, deren größter Arbeitskreis mit knapp 630 Mitgliedern der Arbeitskreis Separation Science ist. Dieser Arbeitskreis bringt Wissenschaftler aus allen Bereichen der analytischen Trenntechniken zusammen und hat sich dabei insbesondere die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses zum Ziel gesetzt.

Kontakt:
Dr. Renate Hoer
Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V. (GDCh)
Öffentlichkeitsarbeit
Postfach 900440
60444 Frankfurt
Tel.: 069/7917-493
Fax: 069/7917-307
E-Mail: r.hoer@gdch.de

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Dr. Renate Hoer GDCh

Weitere Informationen:

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