128. Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte: Chemiker werden ausgezeichnet

Professor Dr. Dr. Dr. h.c. mult. Dr. E.h. Günther Wilke wird die GDCh-Ehrenmitgliedschaft verliehen, Professor Dr. Hans-Ulrich Reißig erhält die Liebig-Denkmünze und sowohl Dr. Björn Over als auch Dr. Christian Kuttruff werden mit dem Klaus-Grohe-Preis ausgezeichnet. Die Ehrungen nimmt der GDCh-Präsident, Dr. Thomas Geelhaar, vor. Die GDNÄ verleiht darüber hinaus dem GDCh-Präsidenten der Jahre 1994 und 1995 und GDCh-Ehrenmitglied seit 2006, Professor Dr. Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger, die Lorenz Oken-Medaille.

Auf der Festsitzung wird Günther Wilke, ehemaliger Direktor des Max-Planck-Instituts (MPI) für Kohlenforschung in Mülheim/Ruhr, die Ehrenmitgliedschaft verliehen. Der Chemiker forschte nach Studium und Promotion in Heidelberg am MPI für Kohlenforschung in der Arbeitsgruppe von Professor Dr. Karl Ziegler, damals Direktor des Instituts und erster Präsident der GDCh. 1960 habilitierte sich Wilke an der RWTH Aachen für das Lehrgebiet Organische Chemie.

Stets am Mülheimer MPI forschend, übernahm er im Jahr 1969 dessen Leitung. Wilke wurde bereits 1958 Mitglied der GDCh und übernahm neben seiner beeindruckenden wissenschaftlichen Karriere den Vorsitz des Ortsverbands Ruhr von 1967 bis 1978. Dem GDCh-Vorstand gehörte Wilke von 1976 bis 1983 an, von 1980 bis 1981 als Präsident der Gesellschaft. Neben seinen sieben Ehrendoktorwürden erhielt Wilke zahlreiche bedeutende Auszeichnungen, so 1970 die Emil-Fischer-Medaille der GDCh und 1978 den Karl-Ziegler-Preis der GDCh. Er gilt als Wegbereiter zum Verständnis der metallorganischen homogenen Katalyse. Seine Arbeiten zur metallorganischen Chemie mit Übergangsmetallen legten den Grundstein für zahlreiche technische Anwendungen.

Auch Hans-Ulrich Reißig, Freie Universität Berlin, wird von der GDCh ausgezeichnet: Er erhält die Liebig-Denkmünze für seine herausragende Forschungsarbeiten zur organischen Synthesechemie sowie seinen Einsatz und seine Verdienste im Wissenschaftsmanagement. Reißig hat die Methodenentwicklung in seinem Forschungsgebiet mit mehr als vierhundert Publikationen vorangebracht. Neben seinen fachlichen Kompetenzen zeichnet er sich insbesondere durch sein großes Engagement in der Wissenschaftsgemeinschaft aus. Dafür erhielt Reißig bereits zahlreiche Preise und wurde in die Bayerische Akademie der Wissenschaften aufgenommen.

Reißig promovierte 1978 an der Ludwig-Maximilians-Universität München und habilitierte sich nach einer Postdoktorandenzeit an der University of British Columbia in Vancouver 1986 im Fach Organische Chemie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Nach Professuren an der TU Darmstadt und der TU Dresden lehrt er an der FU Berlin, wo er seit 2011 Dekan des Fachbereichs Biologie, Chemie, Pharmazie ist. Seit 2012 ist Reißig Mitglied des Vorstands der Liebig-Vereinigung der GDCh.

Die Verleihung des Klaus-Grohe-Preises für Medizinische Chemie findet ebenfalls auf der Festsitzung statt. Ausgezeichnet werden Björn Over, Postdoc bei AstraZeneca R&D in Mölndal, Schweden, und Christian Kuttruff, Boehringer Ingelheim, Biberach a. d. Riß.

Over promovierte 2013 nach mehreren Studienaufenthalten an der Universität Uppsala, Schweden, in chemischer Biologie an der TU Dortmund. Er lieferte in seiner Disziplinen übergreifenden Forschung zur Chemoinformatik, Naturstoffchemie und Strukturbiologie wertvolle Beiträge für die „fragmentbasierte“ Wirkstoffentwicklung. Mithilfe der chemoinformatischen Analyse von Naturstoffen entwickelte er eine vollkommen neue aus Naturstofffragmenten aufgebaute Klasse von Inhibitoren.

Kuttruff promovierte, nachdem er seine Masterarbeit an der Harvard Universität, Cambridge, USA, verfasst hatte, 2012 an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Nach einem Postdoc-Aufenthalt am Scripps Research Institute in La Jolla, USA, ist er seit März dieses Jahres Laborleiter der medizinischen Chemie bei Boehringer Ingelheim in Biberach an der Riß. Er lieferte mit der Entwicklung einer einfacheren Syntheseroute zum Ingenol einen entscheidenden Beitrag zur effizienten Produktion von Ingenolmebutat. Diese Substanz kommt in der Garten-Wolfsmilch vor, kann aber daraus nur in sehr geringen Mengen gewonnen werden. Sie ist wirksam bei der Behandlung der aktinischen Keratose. Diese Schädigung der Haut, verursacht durch UV-Strahlung, kann zu Hautkrebs führen.

Auch die Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte ehrt in diesem Jahr eine GDCh-Persönlichkeit: Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger wird im Rahmen der 128. GDNÄ-Versammlung die Lorenz Oken-Medaille „in Anerkennung seiner Leistung als Kommunikator zwischen Wissenschaft und Gesellschaft“ verliehen. Quadbeck-Seeger habe in vielfältiger Weise einer interessierten Öffentlichkeit die Faszination und Bedeutung der Naturwissenschaften, speziell der Chemie, in einschlägigen Büchern vermittelt. Dabei habe er mit vielen in der Öffentlichkeit verbreiteten Missverständnissen aufgeräumt. Der Namensgeber der Medaille, Naturphilosoph und Arzt Lorenz Oken, hatte im Jahre 1822 die GDNÄ gegründet, um den freundschaftlichen Austausch zwischen Naturforschern und Ärzten, aber auch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu fördern. Mit seiner naturwissenschaftlich-philosophischen Grundeinstellung sei Quadbeck-Seeger im Sinne von Oken ein besonders würdiger Träger der Medaille, so der Generalsekretär der GDNÄ, Professor Dr. Jörg Stetter.

Quadbeck-Seeger, geboren im ostpreußischen Insternburg, studierte in München neben Chemie auch Physik und Anthropologie. Nach seiner Promotion in organischer Chemie begann er 1967 seine Industriekarriere in der BASF. Über zahlreiche Stationen in diesem Unternehmen wurde er 1989 Mitglied des Vorstands, verantwortlich für die Forschung. Quadbeck-Seeger wurde bereits als Student Mitglied der GDCh und brachte sich schon bald mit vielen neuen Ideen und großer Tatkraft ein. Im Vorstand der GDCh war er von 1992 bis 1996 tätig, davon drei Jahre als stellvertretender Präsident und 1994/95 zwei Jahre als Präsident, die er unter das Motto 'Chemie im Aufbruch' stellte und in denen der Verhaltenskodex der GDCh verabschiedet wurde.

Die Gesellschaft Deutscher Chemiker gehört mit rund 31.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Sie vergibt zahlreiche international angesehene Preise, darunter die Liebig-Denkmünze, die erstmals 1903 vergeben wurde. Unter den bislang 66 Preisträgern befinden sich zahlreiche spätere Nobelpreisträger: Adolf von Baeyer, Paul Ehrlich, Fritz Haber, Carl Bosch, Max Planck, Friedrich Bergius, Hans Fischer, Feodor Lynen, Karl Ziegler und Gerhard Ertl. Der Klaus-Grohe-Preis für Medizinische Chemie, gestiftet 2001 vom Ehepaar Dr. Klaus und Eva Grohe, wird seit 2004 jährlich an zwei oder drei erfolgreiche jüngere Wissenschaftler verliehen und gilt als Karrieresprungbrett. Als höchste Auszeichnung der GDCh gilt die Ehrenmitgliedschaft, die seit 1952 vierzigmal vergeben wurde, unter anderem an Otto Hahn, Robert B. Woodward, Jean-Marie Lehn, George A. Olah und Gerhard Ertl.

http://www.gdch.de

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Dr. Renate Hoer GDCh

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