1.Wittener Tagung zur Hilfsmittelversorgung geht Defizit in der Forschung an

Unfall – Krankheit – Alter: Jeder von uns kann von Heute auf Morgen auf Hilfsmittel angewiesen sein. Im Rahmen einer akuten medizinischen Behandlung oder nach einem Arbeitsunfall ist die Versorgung mit Hilfsmitteln vergleichsweise gut geregelt.

Eine Gehhilfe zur Entlastung eines frisch operierten Fußes, eine Prothese oder ein Hörgerät sind schnell verordnet. Aber schon bei Inkontinenzhilfen, bei individuell angepassten Rollstühlen, bei Aufstehhilfen für Multiple-Sklerose-Kranke oder bei der Versorgung jugendlicher Behinderter gibt es immer wieder Auseinandersetzungen zwischen Kassen, Ärzten, Pflegenden und Patienten:

„Das liegt daran, dass in solchen Fällen nicht immer klar ist, welche Hilfsmittel in welcher Ausführung wirklich notwendig sind“, erklärt Otto Inhester von der Universität Witten/Herdecke.

Deshalb organisiert er eine Expertentagung zur Hilfsmittelversorgung

am 17. September 2010, von 10 bis ca. 18 Uhr in der Universität Witten/Herdecke, Alfred-Herrhausenstr. 50

Dort sollen die Notwendigkeit und Ansätze einer Forschung über die Hilfsmittelversorgung diskutieret werden. Immerhin geht es um über vier Milliarden Euro, die in Deutschland pro Jahr von den Gesetzlichen Krankenkassen ausgegeben werden. Das ist der viertgrößte Ausgabenposten.

Zusammen mit den Ausgaben der Unfall- und Rentenversicherungen sowie der Privathaushalte werden über elf Milliarden Euro im Hilfsmittelsektor umgesetzt.

Dennoch gibt es für Deutschland keine aussagekräftigen Studien über die Wirksamkeit und den Nutzen von Hilfsmitteln. „Es ist so gut wie nichts darüber bekannt, in welchem Umfang Hilfsmittelbedürftige ausreichend und mit passenden Hilfsmitteln versorgt sind“, beklagt er die jetzige Lage.

Niemand wisse wirklich gesichert, ob und wie Patienten die Hilfsmittel nutzen, ob sich ihre Lebensqualität verbessert, die Selbständigkeit gewahrt oder die Pflege erleichtert wird. „Es gibt keine systematische Evaluation über Nutzen und Wirksamkeit der Hilfsmittel. In der Masse beruht die Versorgung mit Hilfsmitteln auf individuellen Erfahrungen der Verordner und den Angaben von Herstellern. Weniger gründen sie auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und evidenzbasierten Entscheidungen. Denn dazu fehlen in Deutschland einfach die Daten“, erläutert Inhester.

Die 1. Wittener Tagung zur Hilfsmittelversorgung gibt einen Einblick in den aktuellen Stand und in mögliche Themen zukünftiger Hilfsmittelforschung. Fachleute referieren z.B. über die Hilfsmittelversorgung bei heranwachsenden Menschen, über die Auswirkungen von Hilfsmitteln auf Menschen, die lebenslang auf solche angewiesen sind.

Es wird der Frage nachgegangen, wie die Versorgung mit orthopädischen Hilfsmitteln beurteilt werden kann, wie durch einen effektiven Hilfsmitteleinsatz die Mobilität und Selbstständigkeit in Pflegeeinrichtungen verbessert werden kann. Berichtet wird auch über die ärgerlichen Schnittstellenprobleme in der Hilfsmittelversorgung aus der Sicht einer Hilfsmittelberaterin und am Beispiel der häuslichen Intensivpflege. Ein Vertreter des Bundesgesundheitsministeriums beschreibt die Erwartungen an die Hilfsmittelversorgung aus Sicht des Ministeriums.

In einem abschließenden Workshop wird die Gründung einer nationalen Forschungsarbeitsgemeinschaft „Versorgungsforschung in der Hilfsmittelversorgung“ vorgeschlagen. Diese soll die Interessen und Aktivitäten von Forschenden zusammenfassen, einen Austausch über Themen und Methoden moderieren, gemeinsame Vorhaben initiieren und fundierte Leitlinien für die Hilfsmittelversorgung erarbeiten.

Das Tagungsprogramm finden Sie hier:
http://www.uni-wh.de/fileadmin/media/u/veranstaltungen/09-2010/Hilfsmittelexperte.pdf

Weitere Infos für Journalisten bei Otto Inhester, 02369 – 23366, WBHiEX@gmx.de

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