Risikomanagement bei Tiefsee-Rohstoffnutzung

Im Oktober startete der Forschungsverbund International Research Consortium on Continental Margins (IRCCM) unter Leitung der International University Bremen (IUB) ein neues Forschungsprojekt zur Risikominimierung bei der Nutzung von Tiefseeressourcen. Mit Hilfe von ferngelenkten Robotern und optischen Messsystemen werden Korallenriffe in der Nähe von Öl-Förderstätten untersucht.

Ziel des mit 1,2 Mio. Euro von der Firma Statoil finanzierten Projektes ist die Entwicklung neuer Methoden zur Überwachung und Modellierung von Meeresökosystemen unter dem Einfluss industrieller Förderaktivitäten.

Die Untersuchungen werden am Tisler-Kaltwasserkorallenriff im Skagerrak durchgeführt, das 2003 von der norwegischen Regierung unter Naturschutz gestellt wurde. Insbesondere sollen physische und chemische Beeinträchtigungen durch künstlich entstandene Sedimentwolken untersucht werden, die durch Meeresströmungen in das Riff gelangen. Das Riff liegt in unmittelbarer Nähe zu der biologischen Station Tjärnö Marine Biological Laboratory (TMBL, http://www.tmbl.gu.se) der Universitäten Göteborg und Stockholm und kann regelmäßig zu Forschungszwecken besucht werden.

Die Station verfügt über einen ferngelenkten Roboter (ROV) und zwei kleinere Forschungsschiffe. Das ROV wird mit Zusatzinstrumenten ausgerüstet, die eine detaillierte Videoüberwachung eines Korallenriffs ermöglichen. Die Auswertung der Videodaten erfolgt am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI).

Zusätzlich soll mit Hilfe des von der IUB entwickelten Internet-steuerbaren Tiefseeobservatoriums neu entwickelte Beobachtungsoptik vor Ort zum Einsatz kommen, um jederzeit Informationen über des Zustand des Korallenriffes zu erhalten. Mit Laborexperimenten soll der Einfluss von Partikeln auf das Korallenriff untersucht werde. Dabei wird sich das Bremer Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie mit der Bedeutung spezieller Bakteriengemeinschaften beschäftigen, die möglicherweise einen negativen Einfluss auf Korallenriffe ausüben. In Zusammenarbeit mit dem Netherlands Institute of Ecology (NIOO, http://www.nioo.knaw.nl) soll ein Modell entwickelt werden, mit dem Vorhersagen über den Einfluss von Sedimentverdriftung auf die Entwicklung von marinen Ökosystemen gemacht werden können.

Das Tisler-Kaltwasserkorallenriff von etwa zwei Kilometern Länge liegt in einer Tiefe von 74 bis 155 Metern Wassertiefe entlang der norwegisch-schwedischen Grenze. Sein Alter wird auf ca. 1000 Jahre geschätzt und es gilt in Europa bisher als das einzige seiner Art in diesen Wassertiefen. Von der gelben Kaltwasserkorallenart Lophelia gebildet ist das Riff in seiner Artenvielfalt tropischen Korallenriffen vergleichbar und ist ein wichtiger Laichgrund für Fische. Derzeit ist das Riff vor allem durch Fischereiaktivitäten gefährdet.

*Hintergrund*

Die Förderung von Öl und Erdgas aus dem Meeresboden ist aufgrund des hohen ingenieurtechnischen und Logistikaufwandes wesentlich teurer als die Förderung auf dem Festland. Da sich die Begrenztheit der Festlandreserven jedoch zunehmend abzeichnet, nimmt die Suche nach neuen Off-shore-Vorkommen zur langfristigen Sicherung der europäischen Energieversorgung stetig zu. Konflikte mit anderweitiger Ressourcennutzung aus dem Meer, beispielsweise der Fischerei, und dem Umweltschutz für die marinen Ökosysteme sind daher vorgezeichnet.

Die Erforschung und das Monitoring der betroffenen Ökosysteme gehört daher zu neuen wichtigen Aufgaben der Öl- und Erdgasindustrie. Ein wesentliches Ziel der Arbeit des IRCCM und speziell des Oceanlab der IUB ist daher das Management von biologischen und geologischen Ressourcen in den Ozeanen. Das neue Forschungsprojekt ermöglicht über eine intensive Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie sowohl die Entwicklung neuer Technologien als auch Meeresgeo- und ökologische Grundlagenforschung. Projektkoordinator ist Laurenz Thomsen, IUB Professor for Marine Geosciences und Gastprofessor für biologische Ozeanographie an der University of Washington, Seattle.

*International Research Consortium on Continental Margins (IRCCM, http://www.irccm.de)*

Die Aktivitäten des IRCCM verknüpfen wissenschaftliche und wirtschaftliche Ziele bei der Erforschung der Kontinentalränder. Diese sind die Meeresregionen, in denen die Landmasse der Kontinente von flachen Wassertiefen in die Bereiche der Tiefsee übergehen. Sie sind Brennpunkte verschiedenster geologischer, biologischer und chemischer Prozesse. Sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht, etwa bei der Erschließung von Energiequellen, als auch in bezug auf Umweltfragen und Klimaforschung kommt ihnen eine große Bedeutung zu. Die IUB koordiniert die Aktivitäten des Konsortiums und stellt Industriekontakte zu den Forschungsinstitutionen her. Das Konsortium besteht aus acht wissenschaftlichen Einrichtungen und drei industriellen Partnern:

*Wissenschaftliche Partner:*
International University Bremen, http://www.iu-bremen.de
Universität Bremen, http://www.uni-bremen.de
Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie Bremen, http://www.mpi-bremen.de
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, http://www.awi-bremerhaven.de
IfM-GEOMAR Institut Kiel, http://www.ifm-geomar.de
Rice University (Texas), http://www.rice.edu
University of Washington (Seattle), http://www.washington.edu
University of New Hampshire, http://www.unh.edu
*Industriellen Partner:*
Integrated Exploration Systems (IES), http://www.iesgmbh.eu
Ölkonzern StatOil, http://www.statoil.com
*Weitere assoziierte Partner sind:*
Meeresforschungsinstitut Ifremer (Brest), http://www.ifremer.fr
National Oceanography Centre (Southampton), http://www.noc.soton.ac.uk
Technische Universität Hamburg-Harburg, http://www.tu-harburg.de

Media Contact

Dr. Kristin Beck idw

Weitere Informationen:

http://www.iu-bremen.de/

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