Studie zur Reform der Vorstandsvergütung: Ergänzung durch soziale und ökologische Ziele sinnvoll und machbar

Mit ganz ähnlichen Mechanismen ließen sich Vorstandsmitglieder auch auf soziale und ökologische Ziele verpflichten. Zugleich könnte eine größere Nachhaltigkeit bei der Vorstandsvergütung erreicht werden.

Zu diesem Ergebnis kommt eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Expertise von Prof. Dr. Dudo von Eckardstein und Stefan Konlechner von der Wirtschaftsuniversität Wien. Die Wissenschaftler halten es für sinnvoll, 15 bis 30 Prozent der variablen Bezüge an alternative Erfolgsmaßstäbe zu koppeln.

Aktienkurs- oder Renditeentwicklung müssen bei der erfolgsabhängigen Managervergütung nicht das Maß aller Dinge sein, demonstrieren die Wiener Wirtschaftswissenschaftler. Sie machen deutlich, wie sich auch Ziele ins Anreizsystem für das Management integrieren lassen, die bislang nicht erfasst werden: Chancengleichheit, Gesundheitsschutz, Engagement für Aus- und Weiterbildung oder Umweltschutzmaßnahmen, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. Technisch sei dies weniger aufwendig, als man vermuten könnte, denn viele der benötigten Informationen würden in den meisten Großunternehmen ohnehin bereits erhoben. Sei es der Frauenanteil in Führungspositionen oder die Entwicklung der Mitarbeiterzufriedenheit.

Eckardstein und Konlechner verweisen zudem auf Befunde aus der neueren wirtschaftswissenschaftlichen Forschung: In Studien häuften sich Indizien dafür, dass der Zusammenhang zwischen „sozial verantwortlichem Handeln“ und finanziellem Erfolg oft positiv sei. In einigen US-Unternehmen gibt es Ansätze, die Vorstandsvergütung nicht nur an den klassischen betriebswirtschaftlichen Kennziffern auszurichten. So bekommen etwa Wal-Mart-Vorstände Boni, die an den Erfolg ihrer Bemühungen um „Genderdiversität auf Managementebene“ geknüpft sind. Das Unternehmen reagierte damit auch auf öffentliche Kritik an seinen bisherigen Geschäftspraktiken.

Die Managervergütungen steigen seit Jahren wesentlich schneller als die Löhne. Von Eckardstein und Konlechner weisen darauf hin, dass die Vergütung vieler US-amerikanischer Vorstandsvorsitzender das 300-fache des durchschnittlichen Entgelts im Unternehmen beträgt – eine Relation die auch in deutschen DAX-Unternehmen in manchen Fällen bereits erreicht werde. Und ob die Millionenbeträge immer durch Leistung gerechtfertigt sind, sei fraglich: Die Autoren zitieren empirische Untersuchungen, die eine nur sehr lockere Beziehung zwischen Entlohnung und Leistung des Managements konstatieren. Der Aufsichtsrat „und nicht zuletzt die Arbeitnehmervertreter in diesem Gremium“ werde sich künftig verstärkt seiner „Zuständigkeit und Verantwortung für die vielfach beklagten Entwicklungen bei der Vorstandsvergütung anzunehmen haben“. Ähnlich wie die Finanzexperten der Großen Koalition empfehlen die Wissenschaftler, Fragen der Vorstandsvergütung sollten vom gesamten Aufsichtsrat behandelt und nicht mehr an Ausschüsse delegiert werden. In diesen Vergütungsausschüssen waren Arbeitnehmervertreter in der Vergangenheit oft unterrepräsentiert.

Alternative Vergütungssysteme, die soziale oder ökologische Kennzahlen einbeziehen, sollen die heute verbreiteten Bezahlungsstrukturen nicht komplett ersetzen, sondern ergänzen. Sozial- oder Umweltboni könnten Teil der variablen Vergütung werden, schlagen von Eckardstein und Konlechner vor. Die Wissenschaftler raten dazu, an die bestehenden Strukturen anzuknüpfen, aber einen Teil der variablen Vergütung – etwa 15 bis 30 Prozent der Gesamtbezüge – an nichtfinanzielle Ziele zu koppeln. Beispielsweise an das Ziel Beschäftigungssicherheit. So bekämen Manager „den Zielkonflikt auch materiell zu spüren“, wenn sie vor der Frage stünden, ob im Interesse der Rendite- oder Kurssteigerung Stellen abgebaut werden sollen oder nicht.

Damit das Gesamtpaket nicht zu unübersichtlich wird, empfehlen die Autoren, einen Bonus für jedes der „verschiedenen Felder sozialen Erfolgs“ einzuführen: für die Belange der Beschäftigten, der Kunden, der Umwelt und der Gesellschaft. Die Höhe der Boni sollte sich an messbaren Größen – zum Beispiel Zahl der Ausbildungsplätze – orientieren, aber dem Aufsichtsrat Ermessensspielräume lassen. Es solle „eine Gesamtwürdigung der erreichten Erfolge unter Einschluss des persönlichen Verhaltens und der eingetretenen Umstände“ möglich sein. Denn die „bloße Anwendung der Rechenmechanik“ könnte zu unangemessenen Ergebnissen führen. Um für nachhaltige Managemententscheidungen zu sorgen, raten die Wissenschaftler, Boni erst auszuzahlen, wenn das Unternehmen auf dem jeweiligen Gebiet über mehrere Jahre erfolgreich war.

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