Migrantenfamilien: Gar nicht so anders

Solche widerstreitenden Annahmen kursieren über Migrantenfamilien. Doch die Wirklichkeit ist weniger extrem: Solidarität in Migrantenfamilien ist wichtig, aber nicht wichtiger als in Familien Einheimischer. Konflikte zwischen erwachsenen Kindern und Eltern sind in Familien von Migranten selten, Distanz untereinander wenig ausgeprägt – wie bei Einheimischen auch. Unterschiede zwischen Migranten und Alteingesessenen gibt es dagegen bei der gegenseitigen finanziellen Hilfe. Zu diesem Ergebnis kommt eine WZB-Studie über die Generationenbeziehungen älterer Zuwanderer, über die in der September-Ausgabe der „WZB-Mitteilungen“ berichtet wird.

Für die Studie wurden bundesweite Daten des Deutschen Alterssurveys ausgewertet, eine Befragung der 40- bis 85-Jährigen in Privathaushalten. Die Studie vergleicht erstmals die Situation von Migranten und Einheimischen.

Die große Mehrheit der befragten Migranten und Einheimischen gab an, sich emotional sowohl den eigenen Eltern (80 Prozent) als auch den eigenen erwachsenen Kindern (über 90 Prozent) eng verbunden zu fühlen. Konflikte zwischen den Generationen sind in beiden Gruppen sehr selten. Unter den befragten Migranten gab weniger als ein Prozent an, sich häufig mit einem erwachsenen Kind bzw. Elternteil zu streiten.

Deutliche Unterschiede zwischen Migranten und Einheimischen zeigen sich bei der gegenseitigen finanziellen Hilfe. Nur knapp drei Prozent der Einheimischen, aber gut 16 Prozent der Migranten lassen den eigenen Eltern gelegentlich oder regelmäßig Geld zukommen. Vor allem Zuwanderer aus dem ehemaligen Jugoslawien (48 Prozent) helfen ihren Eltern finanziell, aber auch Migranten aus Italien (11 Prozent) oder der Türkei (9 Prozent). Dabei handelt es sich überwiegend um Transfers ins Heimatland.

Einheimische unterstützen dagegen häufiger (27 Prozent) als Migranten (18 Prozent) ihre erwachsenen Kinder finanziell Ein Grund hierfür sind geringere Einkommen der Migranten. Insgesamt tragen Migranten aber öfter als Einheimische eine finanzielle Doppelbelastung, weil sie sowohl den Eltern als auch den Kindern unter die Arme greifen.

Unabhängig von finanziellen Faktoren zeigt sich ein Unterschied zwischen Migranten und Einheimischen. Migranten leben häufiger mit einem erwachsenen Kind im gleichen Haushalt – 46 Prozent gegenüber 36 Prozent bei den Einheimischen. Möglicherweise spielen hier kulturelle Differenzen eine Rolle. Insgesamt dominieren jedoch die Gemeinsamkeiten. Stereotype Vorstellungen von der „kulturell ganz anderen“ Migrantenfamilie treffen nicht zu.

Zum Beitrag in den WZB-Mitteilungen: http://www.wzb.eu/publikation/pdf/wm117/36-39.pdf

Von der Autorin ist auch ein Discussion Paper dazu erschienen:
http://www.wzb.eu/zkd/aki/files/iv07-604_generationenbeziehungen_baykara_krumme.pdf
Pressekontakt:
Dr. des Helen Baykara-Krumme, Arbeitsstelle „Interkulturelle Konflikte und gesellschaftliche Integration“ (AKI), Tel.: 030/25491-305; E-mail: krumme@wzb.eu

Claudia Roth, Referat Information und Kommunikation, Tel.: 030/25491-510, E-mail: claudia.roth@wzb.eu

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