Ein ultrakaltes Gas elektrischer Dipole

Elektrische Dipole spielen eine bedeutende Rolle in vielen physikalischen, chemischen und biologischen Prozessen, welche unser tägliches Leben bestimmen.

So wird drahtlose Kommunikation über Radio, TV und Mobiltelefone erst ermöglicht durch die Ausbreitung von Strahlung, die von schwingenden Dipolen in den Antennen erzeugt wird. Eis schwimmt auf Wasser aufgrund des dipolaren Charakters der Wassermoleküle, deren Wechselwirkung die spezielle kristalline Struktur von Eis bestimmt.

Und nicht zuletzt basieren LCD-Displays moderner Unterhaltungsgeräte, seien es die Zeitanzeige auf der Armbanduhr oder hochauflösende Videos auf Flachbildschirmen, auf der variablen Ausrichtung von elektrischen Dipolen in Flüssigkristallen.

Wissenschaftlern am Physikalischen Institut der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg ist es nun zum ersten Mal gelungen, ein Gas elektrischer Dipole bei ultratiefen Temperaturen nahe des absoluten Nullpunkts der Temperatur (bei -273,15 Grad Celsius) zu erzeugen. Wie in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift Physics Review Letters [J. Deiglmayr et al., Physical Review Letters 101, 133004 (2008)] berichtet wird, werden die elektrischen Dipole gebildet, indem zunächst Atome auf ultratiefe Temperaturen gekühlt werden und dann mittels eines Laserphotons zu Molekülen verschmolzen werden.

Durch diesen Trick weisen die Moleküle keine innere Energie auf und haben dieselbe Temperatur wie die Atome, aus denen sie gebildet wurden. Wie in derselben Ausgabe der Physical Review Letters berichtet wird, gelang es Physikern von der Freiburger Partner-Universität Innsbruck durch einen ähnlichen Ansatz ebenfalls, stabile ultrakalte Moleküle herzustellen. Da die Freiburger Wissenschaftler zwei verschiedene Atomsorten, nämlich Lithium und Cäsium, verwenden, ist die Stärke des auf diese Weise gebildeten elektrischen Dipols sehr hoch und übersteigt die von Wasser-Molekülen um einen Faktor drei.

Die erfolgreiche Bildung von molekularen elektrischen Dipolen bei ultratiefen Temperaturen in Freiburg ebnet den Weg zu faszinierenden neuen Phänomenen, wie beispielsweise der Selbstorganisation exotischer kristalliner Strukturen, der Entstehung neuer Aggregatzustände und der Quantendynamik chemischer Reaktionen.

Kontakt:
Prof. Dr. Matthias Weidemüller
Priv.-Doz. Dr. Roland Wester
Physikalisches Institut der Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-5776
Fax: 0761/203-5707

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Rudolf-Werner Dreier idw

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