Schwarze Löcher haben keine Haare

Dr. Norman Gürlebeck vom Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) ZARM

Norman Gürlebeck, Wissenschaftler am Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM), ist es gelungen diese erstaunliche Einfachheit schwarzer Löcher auch in komplexen astrophysikalischen Situationen zu beweisen, worüber am 03. April 2015 in der Fachzeitschrift Physical Review Letters berichtet wird. Die Erwartungen an diese Entdeckung sind hoch: sie erlaubt den direkten Nachweis der Existenz schwarzer Löcher mit Hilfe von Gravitationswellen sowie Tests der Grundlagen der Gravitationstheorie.

Schwarze Löcher sind ein Endstadium in der Entwicklung von Sternen, die entstehen, wenn sich die Masse dieser Sterne immer stärker verdichtet. Dies geschieht allerdings nur mit Sternen, die mindestens die doppelte Sonnenmasse besitzen, und dadurch eine so hohe Anziehungskraft haben, dass sich der Stern in seinem Entwicklungsprozess immer mehr komprimiert.

Um den Grad der Verdichtung zu verdeutlichen, der notwendig ist, um ein schwarzes Loch zu erhalten, müsste man sich vorstellen, dass die gesamte Masse der Erde auf die Größe einer Haselnuss verdichtet würde. Die starke Anziehungskraft der extrem verdichteten Masse des schwarzen Lochs führt dazu, dass weder Materie noch Licht einem solchen Objekt entkommen können – eine Tatsache, der das schwarze Loch seinen Namen verdankt.

Dennoch kann ein schwarzes Loch von außen durch nur drei Parameter vollständig charakterisiert werden: die Masse, die Rotation und die elektrische Ladung. Aufgrund fehlender weiterer Eigenschaften prägte John Archibald Wheeler die Aussage: „Schwarze Löcher haben keine Haare“. Diese Eigenschaft war bis jetzt nur unter idealisierten Bedingungen bewiesen worden, in denen das schwarze Loch allein im Universum existiert und keine weiteren Sterne vorhanden sind.

Diese Annahme gilt folglich nicht für schwarze Löcher, die sich in Systemen mit mehreren Objekten befinden, wie z.B. in Binärsystemen, die generell aus einem schwarzen Loch und einem Stern, zwei schwarzen Löchern oder zwei Sternen bestehen. Das Gravitationsfeld des Begleiters eines schwarzen Lochs in einem Binärsystem führt nun dazu, dass sich das schwarze Loch verformt. Dieses Phänomen ähnelt den Gezeiten auf der Erde, welche durch die Anziehung des Mondes verursacht werden. Bedeutet eine solche Verformung, dass das schwarze Loch durch mehr Parameter beschrieben werden muss, es also Haare bekommen hat?

Mehrere internationale Forschungsteams gingen dieser Frage nach und fanden erste Indizien dafür, dass dies nicht so ist. Norman Gürlebeck vom ZARM an der Universität Bremen hat nun aber zweifelsfrei gezeigt, dass trotz der Verformung der schwarzen Löcher keine weiteren Parameter zur Charakterisierung erforderlich sind.

Die renommierte Zeitschrift Physical Review Letters publiziert dieses wegweisende Ergebnis, das außerdem auch praktische Anwendung findet. Die neue Erkenntnis ist für Gravitationsphysiker eine wichtige Grundlage zur Interpretation von Gravitationswellen, die vorrangig in Binärsystemen entstehen. Über die Analyse dieser Gravitationswellen können schwarze Löcher in Binärsystemen direkt nachgewiesen werden. Darüber hinaus liefert die sogenannte „no-hair“ Eigenschaft schwarzer Löcher die Möglichkeit Gravitationstheorien für sehr starke Gravitationsfelder zu testen.

Weitere Informationen:
Norman Gürlebeck
Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM), Universität Bremen
norman.guerlebeck@zarm.uni-bremen.de
0421 218-57857

Zusammenfassung und Volltext des wissenschaftlichen Artikels:

https://journals.aps.org/prl/accepted/40074Yc6I731354154cc21e2620a83227ec611919
http://arxiv.org/abs/1503.03240

Allgemeine Presseanfragen und Bildmaterial:
Birgit Kinkeldey
birgit.kinkeldey@zarm.uni-bremen.de
0421 218-57755

https://www.zarm.uni-bremen.de/pressmedia/single-view/article/black-holes-have-n…

Media Contact

Birgit Kinkeldey idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer