Das Ende vergoldeter Insekten

Einweihung eines neuen Rasterelektronenmikroskops an der TU Chemnitz

Die Naturwissenschaft stößt zuweilen in Größenbereiche vor, die der menschliche Geist nur in Zahlen fassen kann. Dies gilt nicht nur für das obere Ende der Skala, wo Entfernungen in Lichtjahren beschrieben werden, sondern auch für Messungen im Bereich der Nanometer. In dieser Dimension arbeitet auch das neue Rasterelektronenmikroskop am Institut für Physik der TU Chemnitz, das am 4. November 2005 im Elektronenmikroskopischen Labor der Universität eingeweiht wird. „Nova NanoSEM“, so der Name des Mikroskops, arbeitet mit einer Auflösung von nur einem Nanometer, welche auch durch Vergleiche wie „ein Achtzigtausendstel des Durchmessers eines menschlichen Haares“ kaum greifbar wird. „Das ist derzeit die Grenze des technisch Machbaren“, so beurteilt Prof. Dr. Michael Hietschold, Leiter der Professur Analytik an Festkörperoberflächen der TU, das neue Großgerät. Der Bund und der Freistaat Sachsen investierten etwa 800.000 Euro in das Rasterelektronenmikroskop.

Dieses Mikroskop ist das erste einer neuen Serie analytischer Rasterelektronenmikroskope. Analytisch bedeutet, dass untersuchte Oberflächen nicht mehr nur einfach betrachtet sondern mittels weiterer integrierter Geräte beispielsweise auch auf ihre stoffliche Zusammensetzung und kristalline Struktur erforscht werden können. Eine ausgereifte Niederspannungsoption macht es zudem möglich, auch elektrisch nicht leitende Objekte zu untersuchen. Diese nämlich mussten vor der Betrachtung durch herkömmliche Rasterelektronenmikroskope erst mit einer leitenden Goldschicht bedampft werden, was so manchem Insekt zur Wertsteigerung verhalf (haben doch die „vergoldete Stubenfliege“ in der Vergangenheit Hunderte von Schülern bei Laborbesichtigungen mit Faszination betrachten können). Durch Veränderung von Struktur und Material der Oberfläche führte die Goldschicht jedoch zur Verfälschung von Messergebnissen.

Dank seiner Vielseitigkeit wird „Nova NanoSEM“ innerhalb der TU Chemnitz interdisziplinär genutzt. Forscher aus der Physik, der Chemie, der Werkstoff- und der Elektrotechnik sowie aus dem Maschinenbau werden künftig von den Möglichkeiten des Mikroskops profitieren. So können zum Beispiel detaillierte Aussagen über die Struktur neuer, an der Chemnitzer Universität hergestellter Metalllegierungen gemacht werden. Ebenso sollen so genannte Mikro-Elektro-Mechanische Systeme (MEMS) der Elektrotechniker unter dem Vergrößerungsgerät auf ihre Funktionalität hin geprüft werden. Selbstverständlich wird auch die physikalische Grundlagenforschung in Chemnitz von dem hochaufflösenden Mikroskop profitieren – hier reicht das Spektrum der Untersuchungsobjekte von Quantenpunkten und organischen Nanokristallen über verschiedene dünne und ultradünne Schichten bis hin zu elektronenstrahlgezüchteten Nanospitzen.

Auch die Chemnitzer Studenten werden von Anfang an in die Arbeit mit dem Hochleistungsgerät einbezogen. Dies bezieht sich nicht nur auf die Praktika und Qualifizierungsarbeiten der Physiker, sondern auch auf studentische Projekte und Diplomarbeiten anderer Fakultäten. „Dabei ist es wohl kaum nötig extra zu bemerken, dass solcherart Qualifikation auf dem hightech-orientierten Arbeitsmarkt heute und in Zukunft sehr wertvoll sein sollte“, meint Prof. Hietschold.

Weitere Informationen erteilt Prof. Dr. Michael Hietschold, Telefon (03 71) 5 31 – 32 03, E-Mail hietschold@physik.tu-chemnitz.de

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Mario Steinebach TU Chemnitz

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