Bypass – Lebensbrücke für das Herz; keine Angst vor der Herz-Operation

Dr. Andreas Beckmann, Herzchirurg und Geschäftsführer der DGTHG

Erklären Sie kurz die Koronare Herzkrankheit

Unter der Koronaren Herzkrankheit versteht man die Erkrankung der Arterien die den Herzmuskel mit Blut versorgen den sog. Herzkranzgefäßen. Auslöser ist oftmals die Arteriosklerose die durch Ablagerungen an den Gefäßwänden über Plaque Bildungen in Gefäßverengungen mündet und letztlich zu einer dauerhaften Gefäßverkalkung führt.

Dadurch wird die Sauerstoffversorgung des Herzmuskels gefährdet und es entsteht ein Missverhältnis zwischen Sauerstoffangebot und -bedarf. Am Ende dieses meist schleichenden Prozesses kann es zu einem lebensbedrohlichen Verschluss der Herzkranzgefäße kommen. Patienten mit einer KHK können keine Symptome aufweisen, berichten jedoch häufig über Symptome wie Brustenge, die sog. Angina pectoris, oder Luftnot in Ruhe bzw. bei Belastung.

Weitere alarmierende Symptome können von Herzrhythmusstörungen bis hin zu einem lebensbedrohlichen Herzinfarkt reichen. Der Herzinfarkt entsteht durch einen akuten Herzkranzgefäß-Verschluss, auf dem Boden einer zuvor vorhandenen Engstelle der Arterie, was dann zu einer anhaltenden Durchblutungsstörung einer Region des Herzmuskels führt.

Was sind Sinn, Zweck und Ziel der Therapie?

Zunächst sollte erwähnt werden, dass die Koronare Herzkrankheit nicht heilbar ist. Allerdings stehen heutzutage für die betroffenen Patienten sehr gute Therapiemöglichkeiten zur Verfügung die ihnen exzellente Chancen bieten mit der Erkrankung dauerhaft gut leben zu können.

Je nach Schwere der Erkrankung und Grad bzw. Art der Gefäßverengungen sind unterschiedliche Therapien indiziert, die grob in invasive und nicht invasive Behandlungsansätze unterschieden werden können. Wesentliche Ziele der Behandlungen der KHK sind jegliche Symptome zu beheben, das Fortschreiten der Gefäßverkalkungen zu minimieren und die negativen Folgen wie Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche und Herzinfarkte gänzlich zu verhindern, um dadurch die Überlebenschance der betroffenen Patienten zu verbessern. Invasiv bedeutet in diesem Kontext einen Eingriff in den Körper, also in dem Falle, in dem eine rein medikamentöse Behandlung der Krankheit nicht oder nicht mehr ausreicht.

Eine invasive Therapieform ist der Koronar-Bypass. Wann benötigt der Patient eine solche Gefäßbrücke?

Leitlinien wie die deutschsprachige „Nationale Versorgungsleitlinie – chronische KHK“ oder die englischsprachige Leitlinie „Guidelines on myocardial revascularization“ europäischer Fachgesellschaften geben Empfehlungen zur Behandlung der KHK auf dem Boden anerkannter wissenschaftlicher Erkenntnisse. Beispielsweise ist eine komplexe Verengung des Anfangsteils der linken Herzkranzarterie, die sog. Hauptstammstenose, eine klare Indikation für eine koronare Bypass-Operation.

Dies gilt auch bei komplexeren Verengungen aller drei Herzkranzgefäße, auch dann ist die koronare Bypass-Operation die erste Empfehlung und somit die vorrangige Wahl für den Patienten, sowohl in Hinblick auf das zu erwartende Überleben, als auch auf die Lebensqualität. Diese Empfehlungen ergeben sich aus den Ergebnissen diverser medizinischer Studien.

Was ist das Ziel einer koronaren Bypass-Operation und wann ist eine Operation sinnvoll?

Die koronare Bypass-Operation dient dazu, das sauerstoffreiche Blut hinter die Verengung der Herzkranzgefäße zu transportieren und damit die Folgen der Minderdurchblutung des Herzmuskels zu beheben. Der Koronar-Bypass ist somit eine Überbrückung der Gefäßengstelle, quasi eine operativ angelegte Umgehungsstraße bzw. Umleitung. Oberstes Ziel der Operation ist es, die Durchblutung des Herzmuskels mit genügend sauerstoffreichen Blut wieder erheblich zu verbessern. Ob eine Herz-Operation sinnvoll ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Daher muss jeder Patient individuell befragt, untersucht und auf Grundlage medizinischen Fakten und persönlichen Gegebenheiten beraten werden um zu einer Therapieempfehlung gelangen zu können. Nur so kann die für ihn geeignete und individuell bestmögliche Therapie gewählt werden. In diesem Zusammenhang ist es daher besonders wichtig, dass die beteiligten Fachärzte (z.B. Hausarzt, Allgemeinmediziner, Kardiologe und Herzchirurg) „Hand im Hand“ zum Wohle der Patienten zusammenarbeiten.

Woraus ist der Koronar-Bypass gefertigt und wie lange hält er?

Für den Bypass am Herzen werden eigene Blutgefäße des Patienten verwendet, die einerseits groß genug sind um als Gefäßbrücke zu dienen und andererseits an der ursprünglichen Stelle des Körpers entbehrlich sind. Das Blutgefäß kann eine Arterie der Brustwand sein oder auch eine Vene aus dem Bein des Patienten sein. Die Offenheit und Funktionstüchtigkeit eines Koronar-Bypasses hängt von unterschiedlichen Faktoren ab, üblicherweise funktionieren die Gefäßbrücken ca. 15 bis 20 Jahre.

Welche Untersuchungen finden vorher statt?

Vor der Operation findet eine Allgemeinuntersuchung statt sowie bildgebende Diagnostik. Dazu zählen Laborwerte, Röntgen, Herzultraschall und ein EKG.

Wie lange dauert eine Koronare Herz-Operation und wie groß ist das Operations-Team?

Eine Herz-Operation dauert ca. 3-4 Stunden. In der Regel besteht das Team aus einem Operateur, also dem erfahrenen Facharzt für Herzchirurgie, ein bis zwei Assistenzärzten in Weiterbildung, einem Facharzt für Anästhesie (der sogenannte Narkosearzt), zwei fortgebildeten OP-Schwestern bzw. -pflegern, einer fortgebildeten Anästhesie-Schwester und einem qualifizierten Kardiotechniker.

Wie lange dauert der Krankenhausaufenthalt für den Eingriff?

In Abhängigkeit von der Diagnostik und dem Allgemeinzustand des Patienten sowie dem Verlauf vor und nach der Operation, dauert ein Krankenhausaufenthalt 14 Tage. Eine anschließende Rehabilitation ist sinnvoll und wird in der Regel auch gemacht.

Wann ist man wieder fit und arbeitsfähig, kann also ein „normales“ Leben führen?

Die Regeneration und Rehabilitation ist von Patient zu Patient unterschiedlich. Nach dem Krankenhausaufenthalt und den sich anschließenden Maßnahmen ist ein normales Leben in der Regel möglich. Vorhandene Risikofaktoren sollten möglichst minimiert werden. Sport und regelmäßige Bewegung wirken sich zum Beispiel sicher positiv auf den Gesundheitszustand aus.

Welche Risikofaktoren sollten besonders minimiert werden – bitte nennen Sie diese?

Zunächst gilt es festzustellen, dass der Patient nicht alle Risikofaktoren für Herzerkrankungen beeinflussen kann da diese vererbbar bzw. familiär bedingt sind. Hingegen Rauchen, hoher Blutdruck, Fettstoffwechselstörungen (erhöhtes Cholesterin), Diabetes mellitus, Übergewicht und auch Bewegungsmangel sowie Stress sind bekannte Risikofaktoren die durchaus beeinflusst werden können. Generell gilt natürlich ein gesunder Lebenswandel als gute Voraussetzung für ein gesundes Herz-Kreislauf-System, ein Garant ist dies jedoch auch nicht.

Wie oft muss der Patient nach der Herz-Operation zur Kontrolle?

Auch dies muss patientenindividuell entschieden werden. In der Regel ist zunächst eine halbjährliche Untersuchung ausreichend. Hier betreut der Hausarzt und/oder der Kardiologe.

Können Sie sagen, wie viele Herzoperationen bzw. der koronare Bypass-Operationen pro Jahr in Deutschland durchgeführt werden?

Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie erhebt alljährlich aktuelle Zahlen zu allen Herzoperationen. 2016 wurden rund 100.000 Herzoperationen in den 78 Fach-abteilungen für Herzchirurgie in Deutschland durchgeführt. Hiervon waren rund 52.000 Koronar-Bypass-Operationen allein oder in Kombination mit anderen Eingriffen am Herzen.

Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) vertritt als medizinische Fachgesellschaft die Interessen der über 1.000 in Deutschland tätigen Herz-, Thorax- und Kardiovaskularchirurgen im Dialog mit Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit.

Weitere Informationen unter www.dgthg.de und unter

Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG)
Regina Iglauer-Sander
Pressereferentin DGTHG
Erdmannstr. 6
10827 Berlin
Fon 030/788904-64
Fax 030/788904-65
presse@dgthg.de

http://www.dgthg.de

Media Contact

Regina Iglauer-Sander idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik

Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Druck- und Temperaturmessung im Wälzkontakt

… unter Mischreibung dank innovativem Dünnschicht-Multisensor. Die Messung von Druck und Temperatur spielt eine entscheidende Rolle in verschiedenen technischen Anwendungen von Wälzlagern über Verzahnungen bis hin zu Dichtungen. Vor allem…

Wie Zellen die Kurve kriegen

Die Krümmung einer Oberfläche bestimmt das Bewegungsverhalten von Zellen. Sie bewegen sich bevorzugt entlang von Tälern oder Rillen, während sie Erhebungen meiden. Mit diesen Erkenntnissen unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für…

Herzinsuffizienz: Zwei Jahre mit Herzpflaster

Patient berichtet über Erfahrungen. Weltweit einzigartig: Patient*innen mit Herzschwäche wurde im Rahmen einer Studie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) im Labor gezüchtetes Herzgewebe implantiert. Das sogenannte…

Partner & Förderer