Schlüsselloch-Chirurgie braucht manchmal zu viel Zeit

„Wir können fast alles in Schlüsselloch-Technik operieren“, bestätigte Prof. Rudy Leon de Wilde, Oldenburg, auf dem 59. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe am 11. Oktober 2012 in München. „Aber nachdem wir jetzt 40 Jahre Erfahrung mit dieser Technik haben und sie auch in großen Langzeitstudien mit der konventionellen Chirurgie verglichen haben, stellen wir fest, dass die Patientinnen in vielen Fällen keinen Vorteil davon haben.“

Das betrifft, so Prof. de Wilde, vor allem länger dauernde Eingriffe; denn in der Chirurgie ist bekannt, dass das Risiko für Nervenschädigungen durch die Lagerung, für Thrombosen und Embolien und auch für spätere Verwachsungen im Operationsgebiet abhängig ist von der Dauer des Eingriffs. Da endoskopische Eingriffe auch bei großer Routine des Operationsteams in vielen Fällen länger dauern als Eingriffe auf herkömmliche Weise, steigt bei endoskopischen Eingriffen das direkte Operationsrisiko erheblich an.

Es kommen in der Tumorchirurgie weitere Gefährdungen hinzu. Denn während der Operation eines Malignoms besteht grundsätzlich die Gefahr, dass Tumorzellen ins Peritoneum streuen. Je länger der Eingriff dauert, umso größer wird dieses Risiko. Ein zusätzliches Risiko geht wahrscheinlich vom Kohlendioxid aus, das bei Schlüsselloch-Eingriffen verwendet wird, um die Bauchdecke von innen anzuheben und eine Sichtmöglichkeit zu schaffen: Neben Gas-Embolien fördert der Druck des Gases von innen auf die Bauchwand die Ansiedlung von Tumorzellen zusätzlich. Bei langwierigen Entfernungen von Malignomen haben die Patientinnen deshalb langfristig nach Schlüsselloch-Eingriffen eine schlechtere Prognose, als wenn diese Eingriffe mit der herkömmlichen Chirurgie durchgeführt werden. Bei Karzinomen der Eierstöcke muss außerdem der gesamte Bauchraum bis hoch zu den Nieren und zum Zwerchfell nach Metastasen abgesucht werden. Von der Sorgfalt bei diesem ersten Eingriff hängt die Überlebenschance für die Patientin direkt ab. „Solche Eingriffe sind noninvasiv unmöglich“, so Prof. de Wilde.

Auch einer Patientin, in deren Gebärmutter viele Myome entfernt werden müssen, und die vielleicht noch Kinder bekommen möchte, würde Prof. de Wilde die Patientin ausführlich beraten und gegebenenfalls vom endokopischen Eingriff abraten: „Wir können an der offenen Gebärmutter hier in vielen Fällen nicht nur schneller, sondern auch schonender operieren und haben die Möglichkeit, nach der Myomentfernung die Gebärmutter wieder anatomisch exakt aufzusetzen, so dass wir der Frau die Option erhalten können, später noch Mutter zu werden.“

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Ansprechpartner für die Medien:
Prof. Dr. med. Rudy-Leon de Wilde
Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde
Pius-Hospital
Georgstraße 12
26121 Oldenburg

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Dr. Susanna Kramarz idw

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