Mandeloperationen bei Kindern und Jugendlichen

Der Faktencheck Gesundheit der Bertelsmann Stiftung zeigt enorme regionale
Unterschiede bei der häufigsten vollstationären Operation im Kindes- und Jugendalter auf. Die aktuelle Untersuchung weist auf das Fehlen einheitlicher ärztlicher Entscheidungsgrundlagen hin – Neue Internetseite bietet detaillierte regionale Analysen und Tipps für Eltern.

Im Jahr 2010 wurden in Deutschland 69.000 Kindern und Jugendlichen die Gaumenmandeln entfernt. Innerhalb Deutschlands gibt es jedoch frappierende Unterschiede: Während zwischen 2007 und 2010 im Durchschnitt pro Jahr beispielsweise nur 14 von 10.000 Kindern und Jugendlichen aus dem Landkreis Sonneberg in Thüringen operiert wurden, waren es in der nicht weit entfernten Stadt Schweinfurt fast acht Mal so viele (109).
Das zeigt der neueste Faktencheck Gesundheit der Bertelsmann Stiftung unter
www.faktencheck-mandeloperation.de anhand interaktiver Deutschland-Karten auf der Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes.

Als Begründung für die Entfernung der Gaumenmandeln bei Kindern und Jugendlichen sind vor allem zwei Diagnosen von Bedeutung: Wiederholte Entzündungen der Mandeln sowie eine Verengung der Atemwege aufgrund einer starken Vergrößerung der Mandeln. Dass diese Di-agnosen regional so unterschiedlich gehäuft auftreten, ist unwahrscheinlich. „Kinder in Schweinfurt erkranken nicht acht Mal häufiger an den Mandeln als in Sonneberg. Die Gründe für die regionalen Variationen liegen vielmehr in einer sehr unterschiedlichen Bewertung der Ärzte, wann eine Entfernung der Gaumenmandeln sinnvoll ist und dem Kind wirklichen Nutzen bringt“, sagt Dr. Stefan Etgeton, Gesundheitsexperte der Bertelsmann Stiftung.

„Gleichzeitig müssen OP-Risiken und mögliche gefährliche Nachblutungen bei der Entscheidung zur OP berücksichtigt werden, auch wenn diese selten sind.“ Hinter der uneinheitlichen Bewertungspraxis steht vor allem die Tatsache, dass es in Deutschland keine verbindlichen Handlungsempfehlungen oder Leitlinien zur Gaumenmandeloperation gibt, obwohl es sich um den häufigsten vollstationären Eingriff im Kindes- und Jugendalter unter Vollnarkose handelt.

„Die Entscheidung für oder gegen eine OP hängt somit überwiegend von der individuellen Bewertung der Ärzte und auch der betroffenen Eltern und Jugendlichen ab“, so Etgeton weiter. Wie der Faktencheck Gesundheit außerdem zeigt, spielt für die Operationshäufigkeit auch die Situation der HNO-Kliniken vor Ort eine Rolle. Kinder aus Kreisen, in denen eine oder mehrere große HNO-Kliniken diesen Eingriff vornehmen, werden häufiger operiert. Kinder aus Kreisen ohne ansässige HNO-Abteilung werden hingegen weniger oft operiert.

Angebote für Eltern, Fachleute und Medien
Erstmalig bietet der Faktencheck Gesundheit auch die Möglichkeit, kreisspezifische Datenanalysen als PDF abzurufen. Das Regionaldatenblatt ermöglicht eine vertiefende Recherche zu den OP-Zahlen des eigenen Kreises, Vergleiche mit Bund, Land und individuell gewählten an-deren Kreisen. Die Website www.faktencheck-mandeloperation.de enthält neben den interaktiven Karten und dem wissenschaftlichen Report hilfreiche Informationen für Eltern, zum Beispiel die interaktive Grafik „Operieren – ja oder nein?“, die bei der Entscheidung für oder gegen eine Mandelentfernung unterstützen kann. Online-Redaktionen können einen Quiz und das interaktive Kartenmodul als Widgets in die eigene Website einbinden.

Rückfragen an:

Andrea Engelhardt,
Telefon: 0 52 41 / 81-81 373
E-Mail: andrea.engelhardt@bertelsmann-stiftung.de
Eckhard Volbracht,
Telefon: 0 52 41 / 81-81 215
E-Mail: eckhard.volbracht@bertelsmann-stiftung.de

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Ute Friedrich idw

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