Warum bei Diabetes der Blutzuckerspiegel aus dem Gleichgewicht gerät

Molekularer Kontrolleur CARM1 steuert die Schrittmacher der Zuckersynthese

Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums haben herausgefunden, warum bestimmte Gene als Antwort auf Hunger-Signale wie Glukagon oder Glukokortikoide abgelesen werden und somit schließlich in der Leber die Freisetzung von Zucker vermitteln. Das Forschungsteam um Dr. Anja Krones-Herzig identifizierte das Molekül CARM1 als Transkriptionsfaktor, der unter bestimmten Bedingungen Schlüsselenzyme der Zuckerneusynthese aktiviert und damit zu einem höheren Blutzuckerspiegel führt. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich im Journal of Biological Chemistry vorgestellt.

Typisch für Stoffwechselstörungen wie Diabetes Typ II („Altersdiabetes“) ist, dass wichtige Gewebe wie Leber, Muskeln und Fettgewebe nicht mehr auf das Hormon der Bauchspeicheldrüse Insulin ansprechen (Insulinresistenz), während Gegenspieler wie das Hormon Glukagon oder Glukokortikoide ihre Wirkung weiterhin entfalten. Folge ist, dass Zucker aus dem Blut nicht mehr in Muskelgewebe oder in die Leber transportiert und dort gespeichert wird. Im Gegenteil: Das Hungersignal Glukagon bzw. sein intrazellulärer „Vermittler“ cAMP löst eine Signalkette in Leberzellen aus. Dies führt unter anderem dazu, dass die Gene für bestimmte Enzyme des Zuckerhaushalts abgelesen werden. Es handelt sich dabei um PEPCK und G6Pase – Biokatalysatoren, die dafür sorgen, dass Zucker in der Leber neu synthetisiert und anschließend ins Blut freigesetzt wird (Glukoneogenese).

Das Geheimnis, wie PEPCK und G6Pase, die Schrittmacher der Zuckersynthese, reguliert werden, hat Dr. Anja Krones-Herzig aus der Arbeitsgruppe Molekulare Stoffwechselkontrolle nun gelüftet. Zusammen mit Teamkollegen sowie Forschern des Instituts für Genetik und Zentrum für Molekulare Medizin der Universität Köln fand die Biologin heraus, dass der Transkriptionsfaktor CARM1 eine entscheidende Rolle bei der Aktivierung von Schlüsselenzymen der Glukoneogenese spielt. In Abhängigkeit vom Botenstoff cAMP heftet sich CARM1 an die Startsequenz der Bauanleitung für PEPCK und G6Pase und gibt damit das Signal für das Ablesen der Gene.

Auch bei der Kachexie, einer häufigen und schwerwiegenden Begleiterscheinung fortgeschrittener Krebserkrankungen, ist der Insulin-abhängige Stoffwechsel gestört. Es kommt zu Abmagerung, Kräfteverfall und zunehmendem Versagen der Organfunktionen. Arbeitsgruppenleiter Dr. Stephan Herzig will mit seinem Team prüfen, ob die gleichen oder verwandte Gene oder Genprodukte, genauer gesagt Transkriptionsfaktoren, die bei Diabetes den Insulin-abhängigen Stoffwechsel beeinflussen, auch bei der Tumorkachexie eine Rolle spielen. Während bei der Zuckerkrankheit die Leber im Mittelpunkt steht, konzentrieren sich die Forscher beim Auszehrungssyndrom auf den Stoffwechsel des Muskelgewebes.

Mittelfristig geht es den Krebsforschern darum zu prüfen, ob sich fehlregulierte Komponenten der Insulin-Signalkaskade als Angriffspunkte für Wirkstoffe eignen. „Sobald wir genügend Hinweise dafür haben, dass ein Transkriptionsfaktor ursächlich an einer der Stoffwechselkrankheiten beteiligt ist, werden wir nach geeigneten Substanzen suchen, die die Wirkung aufheben oder verstärken.“

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