Verletzungen der Wirbelsäule mit einer einzigen Operation beheben

Zuverlässige Versteifung zweier Wirbelkörper des Schafs durch die dazwischen befindliche Materialplombe aus Kalziumphosphat und BMP im histologischen Längsschnitt. Bild: Delling

Schwere Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule mit Brüchen einzelner Wirbelkörper können bislang häufig nicht zufriedenstellend behandelt werden. Darum soll nun eine völlig neue Therapiemöglichkeit geprüft werden. Die Chirurgische Klinik der Uni Würzburg kooperiert dabei mit den Universitäten Hamburg und Ulm, gefördert wird das Projekt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Projektleiter Dr. Thomas R. Blattert erklärt, warum die genannten Verletzungen der Wirbelsäule Schwierigkeiten machen. Zum einen sind sie mit einer erheblichen Operationsbelastung für den Patienten verbunden: Nötig sind kombinierte, oft zeitlich voneinander getrennte Eingriffe, die sowohl vom Rücken her als auch durch den Brust- oder Bauchraum durchgeführt werden müssen. Hinzu kommen weitere Operationen zur Verpflanzung von körpereigenem Knochen.

Zum anderen besteht anschließend das Risiko, dass die Knochenneubildung nicht ausreicht und die Wirbelbrüche nicht gut genug heilen. Das führe im Laufe der Zeit zu bedrohlichen Fehlstellungen mit der zusätzlichen Gefahr von Lähmungen, so Dr. Blattert.

Die Mediziner aus Würzburg, Hamburg und Ulm untersuchen deshalb, ob sich verletzte Wirbelsäulenabschnitte mit einer einzigen, ausschließlich vom Rücken her erfolgenden Operation behandeln lassen. Dabei wird eine Materialkombination aus dem Knochenwachstumsfaktor BMP-7 (Bone Morphogenetic Protein-7) und einem Knochenzement auf Kalziumphosphat-Basis in den beschädigten Bereich eingebracht. Zu klären bleibt, ob sich die verletzte Wirbelsäule mit dieser Vorgehensweise ausreichend stabilisieren lässt.

„Neuartig an diesem Ansatz ist vor allem die Kombination eines Biomaterials, das die Knochenneubildung anregt, mit einem Knochenersatzstoff, der als Gerüst für den neu gebildeten Knochen dient, und das alles in einem einzigen biologischen Werkstoff“, sagt Dr. Blattert.

Derzeit sind mehr als 20 verschiedene Knochenwachstumsfaktoren (BMPs) bekannt. Sie haben breit gefächerte Funktionen in vielen Geweben, sowohl während der Entwicklung als auch im erwachsenen Organismus. Die BMPs sind bei verschiedensten Säugetieren identisch, etwa bei Menschen, Rindern, Ratten und Schafen. Ihre das Knochenwachstum fördernde Wirkung entfalten sie vollkommen unabhängig von der Art.

Neben Dr. Blattert, der an der Chirurgischen Universitätsklinik Würzburg im Bereich der Unfall- und Wiederherstellungschirurgie tätig ist, sind an diesem Projekt Prof. Dr. Arnulf Weckbach, Leiter der Würzburger Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Prof. Dr. Günter Delling vom Institut für Pathologie der Uni Hamburg und Prof. Dr. Hans-Joachim Wilke vom Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik der Uni Ulm beteiligt.

Weitere Informationen: Dr. Thomas R. Blattert, T und Fax (0931) 201-31253, E-Mail:
Blattert_T@chirurgie.uni-wuerzburg.de

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Robert Emmerich idw

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