Anstieg der Brustkrebsrate in den westlichen Industrienationen

Lässt sich das Brustkrebsrisiko durch Ernährung und Lebensstil beeinflussen? Die steigende Anzahl von Brustkrebsneuerkrankungen in den westlichen Industrienationen hat den Verdacht nahegelegt, dass Brustkrebsfälle zumindest teilweise durch Veränderungen in der Ernährung und dem Lebensstil bedingt sein könnten.

Andererseits hat ein steigendes Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung zu einer intensiven Suche nach diesen vermeintlich krebserregenden Faktoren eingesetzt.

Neben den „beeinflussbaren Risikofaktoren“ gibt es sogenannte nicht-beeinflussbare Risikofaktoren wie zunehmendes Alter, familiäre Belastung, frühe Menarche, späte Menopause usw. Bei Japanerinnen, die in die USA eingewandert sind und die dortigen Lebensgewohnheiten angenommen haben, erhöhte sich die Brustkrebsrate deutlich gegenüber den in Japan lebenden Frauen. Ein ähnlicher Effekt lässt sich übrigens auch für in Deutschland lebende Türkinnen nachweisen. Diese Anstiege werden hauptsächlich auf die Änderungen in der Ernährung und dem Lebensstil zurückgeführt.

Die Folge einer falschen Ernährung ist meistens Übergewicht. Nach Ausbleiben der Regelblutung (Postmenopause) fallen normalerweise die weiblichen Sexualhormone aus, was sich in sogenannten Hormonentzugsbeschwerden (Hitzewallungen, Schweißausbrüche usw.) zeigen kann. Bei übergewichtigen postmenopausalen Frauen werden im Fettgewebe weibliche Sexualhormone (Oestrogene) weiterhin kontinuierlich gebildet. Diese sonst nicht mehr vorhandenen Sexualhormone führen zu einer anhaltenden Stimulierung der Brustdrüsenzellen. Dadurch können andere krebsauslösende Noxen eher zu einer Zellentartung führen. Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass mindestens 10 % aller Karzinome in der Europäischen Union durch Übergewicht bedingt sind. Die Ernährung ist deshalb ein bedeutender „Präventionsansatz“. Allerdings ist die derzeitige Wissenslage nicht so eindeutig, dass man zu bestimmten Nahrungsmitteln raten muss, während man auf andere Nahrungsmittel gänzlich verzichten sollte. Eine besondere Bedeutung bei den Nahrungsmitteln sind die Zusammensetzung der Nahrung, der Anteil und die Herkunft der Fette, Olivenöl, Vitamine, Selen, Phytooestrogene etc. Zudem könnte aber auch die Nahrungszubereitung für das Brustkrebsrisiko bedeutsam sein, so werden in Europa und in USA die Nahrungsmittel vorrangig gebraten und gegrillt, während in den asiatischen und afrikanischen Ländern, die eine bekanntlich geringere Brustkrebsrate haben, vorzugsweise die Nahrungsmittel gedünstet und gekocht werden.

Neben den Ernährungsfaktoren kommt dem Lebensstil in den modernen Industriegesellschaften eine Bedeutung in der Brustkrebsentstehung zu. So hat sich in Schweden mit der Zunahme des durch Rauchen bedingten Anstiegs von Lungenkrebsfällen auch eine parallele Zunahme von Brustkrebsfällen gezeigt, was auf einen Zusammenhang von Rauchen und dem Anstieg des Brustkrebsrisikos hinweist. Entscheidend für den Anstieg des Brustkrebsrisikos sind jedoch das Alter bei Beginn des Rauchens und weitere Risikofaktoren wie das Alter bei Erstgeburt, Gewichtszunahme etc. Alkohol gehört in vielen Industrieländern zum „normalen Lebensstandard“. Alkohol oder Äthanol selbst ist zwar kein Karzinogen, kann aber durch Blockierung von anderen schützenden Systemen oder Erhöhung der Zellmembranendurchlässigkeit die Wirkung anderer krebsauslösender Substanzen erleichtern. Galt früher eine geringe Alkoholmenge (20-30 g reiner Alkohol/die = etwa 200 ml Wein oder 500 ml Bier) „als erlaubt“, so legen andere Untersuchungen bereits bei diesen geringen Alkoholmengen eine nachweisbare Risikosteigerung für das Brustkrebsleiden nahe. Es wäre eine leichte Übung, durch Verzicht von Alkohol und Nikotin das Risiko zu mindern.

Hormonpräparate (Pille bzw. Hormonersatztherapie) erfordern hinsichtlich Nutzen und Risiken eine sehr differenzierte Betrachtung. So mehren sich die Daten, die eine Steigerung des Brustkrebsrisikos unter einer Hormonersatztherapie nahelegen, wobei zum jetzigen Zeitpunkt noch keine abschließende Bewertung möglich ist. Körperliche Aktivität (Freizeitsport oder körperliche Arbeit) werden als schützend gegen Brustkrebs angesehen. Allerdings muss man auch hier klar feststellen, dass sportliche Aktivität nicht isoliert betrachtet werden kann. Es ist eher davon auszugehen, dass sportlich aktive Frauen sich insgesamt auch gesünder ernähren, andere potenzielle Brustkrebsrisikofaktoren wie Alkohol und Nikotin meiden, so dass hier ein Komplex von gesunder Ernährungs- und Lebensweise zutreffend ist. Weitere Faktoren, die im Zusammenhang mit Brustkrebs untersucht wurden, sind: beruflicher oder privater Stress, der Einfluss elektromagnetischer Felder, radioaktive Strahlung, Nachtarbeit / Chemikalien etc., wobei bei diesen Faktoren eine endgültige Beantwortung in Bezug auf das Brustkrebsrisiko noch nicht möglich ist. Insgesamt bleibt festzustellen, dass Brustkrebserkrankungen durch Ernährung und Lebensstil sehr wohl beeinflussbar sind, hinsichtlich der Risikofaktoren ist von einem multifaktoriellen Geschehen auszugehen, so dass letztendlich zu einer gesunden und abwechslungsreichen Ernährung mit ausreichender körperlicher Aktivität, den Verzicht auf Genussmitteln und eine saubere Umwelt geraten werden muss.

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Professor Dr. med. Bernd Gerber
Telefon 089-5160-4111

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