Schnelle Wundheilung

Allein in Deutschland leiden etwa drei Millionen – meist ältere – Patienten an großflächigen und schlecht heilenden Wunden. Diabetes, Verbrennungen oder Wundlägerigkeit können die Ursache sein. Mit gängigen Auflagen aus Kollagen oder Polymilchsäuren lassen sich die Wunden behandeln – der Erfolg ist aber noch nicht optimal. Eine neue Wundauflage aus Kieselgelfasern soll das ändern.

Entwickelt wurde sie von Wissenschaftlern am Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC in Würzburg. Diese Wundauflage hat viele Vorteile: Sie ist formstabil, pH-neutral und 100 Prozent bioresorbierbar – einmal aufgelegt, bleibt sie im Körper und wird dort ohne Rückstände abgebaut. Zudem bietet das Vlies den gesunden Zellen an den Wundrändern eine Leitstruktur, die sie zusätzlich zu einer adäquaten Nährstoffversorgung für ein gerichtetes Wachstum benötigen.

Damit keine Infektionen entstehen, muss die Behandlung der Wunde absolut steril erfolgen. „Da nur noch der äußere Verband gewechselt werden muss, ist die Gefahr die Wunde zu verunreinigen gering“, erklärt Dr. Jörn Probst vom ISC. Und dank des Klettergerüsts für die Zellen stehen die Chancen auf einen narbenfreien natürlichen Wundverschluss sehr gut.

Basis der Fasern ist eine nasschemische Werkstoffsynthese, ein Sol-Gel-Verfahren. Dabei wird aus Tetraethoxyisilan (TEOS), Ethanol und Wasser in einem mehrstufigen, sauer katalysiertem Syntheseprozess ein transparentes, honigartiges Gel hergestellt. Dieses läßt sich in einem Spinnturm weiterverarbeiten: „Wir pressen es bei konstanten Temperaturen und Luftfeuchte durch feine Düsen“, erläutert Walther Glaubitt, der Erfinder der Kieselgelfasern. „Dabei entstehen feine Endlosfäden, die auf einem Changiertisch aufgefangen und in einem bestimmten Muster gesponnen werden, so dass ein etwa DIN A4 großes Vlies aus mehreren Schichten entsteht.“ Im Anschluss werden die Wundauflagen geschnitten, verpackt und sterilisiert. Für die Entwicklung der biokompatiblen Wundauflage erhalten Dr. Jörn Probst und Dipl.-Ing. Walther Glaubitt den Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2008.

Ein Partner, der die Entwicklung begleitet und die Wundauflage vermarkten wird, wurde bereits gefunden: die Bayer Innovation GmbH BIG, eine hundertprozentige Tochter der Bayer AG. „Wir rechnen damit, dass die Kieselgel-Wundauflage ab 2011 in die Krankenhäuser kommt“, so der Projektleiter der Bayer Innovation GmbH, Iwer Baecker. Die Forscher planen schon weiter: Sie wollen zum Beispiel Wirkstoffe, etwa Antibiotika oder Schmerzmittel, in die Wundauflage integrieren, um die Heilung zu verbessern und zu beschleunigen.

Media Contact

Dr. Jörn Probst Fraunhofer Gesellschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer