Neues DFG-Schwerpunktprogramm über die Entwicklung hochfester Gläser wird an der FAU koordiniert

Aus Angst, dass durch diesen neuen Werkstoff Gold, Silber und Bronze wertlos würden, ließ Tiberius die Werkstatt des Handwerkers zerstören und sein Wissen ging verloren. Tatsächlich hat der oft unterschätzte Werkstoff Glas in seiner langen Geschichte wie kaum ein anderer zu bedeutenden Entwicklungen beigetragen wie zu der von gasdichten und chemisch neutralen Gefäßen über Architektur, Automobil- und Beleuchtungstechnologien bis zu moderner Telekommunikation, Flachbildschirmen und Solarmodulen.

„Der nächste große Schritt mit kaum abschätzbarem Anwendungspotenzial wird sein, die enorme innere Festigkeit aller Glaswerkstoffe nutzbar zu machen“, sagt Prof. Dr.-Ing. Lothar Wondraczek von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), „Theoretisch gehören Gläser heute zu den festesten von Menschen herstellbaren Materialien überhaupt. Da ihre mechanischen Eigenschaften aber in großem Maße von der Beschaffenheit ihrer Oberfläche mitbestimmt werden, ist in der Praxis heute meist nur ein Bruchteil dieser intrinsischen Festigkeit erreichbar.“

In ihrer diesjährigen Frühjahrssitzung hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) nun die Einrichtung 13 neuer Schwerpunktprogramme beschlossen, darunter das von Prof. Wondraczek koordinierte Programm „Topological Engineering of ultrastrong glasses“. Das Programm hat eine Laufzeit von sechs Jahren. Die Fördersumme beträgt in den ersten drei Jahren zunächst 5,1 Millionen Euro. Ziel der Wissenschaftler ist es, die grundlegenden strukturchemischen und topologischen Ursachen mechanischer Eigenschaften nichtkristalliner Materialien zu untersuchen und daraus Strategien zur Entwicklung hochfester Gläser abzuleiten. Die Arbeiten sollen die Basis für eine Vielzahl neuer Anwendungen bilden, von flexiblen Displays und Solarmodulen zu hochfesten Telekommunikationsfasern, Verbundwerkstoffen und architektonischen Elementen. Im Laufe dieses Jahres wird eine Ausschreibung der DFG erfolgen, bei der sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen aus ganz Deutschland beteiligen können.

„Die Initiative soll erstmals Forscher aus verschiedenen Bereichen der Materialwissenschaften, Festkörperphysik und -chemie zusammenbringen, um gemeinsam einen konzeptionellen Durchbruch im Verständnis und gezielten Design der mechanischen Eigenschaften strukturell ungeordneter Festkörper zu erreichen. Dazu sollen Strukturparameter metallischer und konventioneller anorganischer Gläser auf verschiedenen Längenskalen mit dem Materialverhalten unter mechanischer Belastung korreliert werden“, fasst Prof. Wondraczek den Grundgedanken des Schwerpunktprogrammes zusammen.

Stellvertretender Sprecher des Programms ist Prof. Dr. Joachim Deubener (Technische Universität Clausthal). Weitere Mitglieder des Leitungsteams sind Prof. Dr. Jürgen Eckert (Leibniz Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden), PD Dr. Jürgen Horbach (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Köln), Prof. Dr. Gerhard Sextl (Fraunhofer Institut für Silicatchemie, Würzburg) sowie Prof. Dr. Tanguy Rouxel (Universität Rennes 1, Rennes, Frankreich).

Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, gegründet 1743, ist mit 29.000 Studierenden, 590 Professorinnen und Professoren sowie 2000 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte Universität in Nordbayern. Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen an den Schnittstellen von Naturwissenschaften, Technik und Medizin in engem Dialog mit Jura und Theologie sowie den Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Seit Mai 2008 trägt die Universität das Siegel „familiengerechte Hochschule“.

Mehr Informationen:
Prof. Dr. Lothar Wondraczek
Tel.: 09131/85-27553
lothar.wondraczek@ww.uni-erlangen.de

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Pascale Anja Dannenberg idw

Weitere Informationen:

http://www.glass.tf.uni-erlangen.de

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