Erbgut von Selaginella moellendorffii entschlüsselt

Selaginella<br>RUB

Einen entscheidenden Beitrag zum Verständnis von 500 Millionen Jahren Pflanzenevolution lieferte eine internationale Forschergruppe mit Bochumer Beteiligung. Zum ersten Mal entschlüsselte sie das Genom einer Gefäßpflanze, die zu den Bärlappgewächsen zählt. Dr. Christian Schulz vom RUB-Lehrstuhl für Evolution und Biodiversität der Pflanzen war Teil des Teams, das die einzelnen Gene des Erbguts des Moosfarns Selaginella moellendorffii identifizierte und mit dem Erbgut anderer Pflanzen verglich.

Auf diese Weise bestimmten die Forscher eine Reihe von Genen, die spezifisch für Gefäßpflanzen sind, aber auch Gene, die Selaginella im Vergleich zu anderen Pflanzen fehlen. Diese Erkenntnisse werfen neues Licht auf die evolutionären Beziehungen im Pflanzenreich und geben Ansatzpunkte für die Interpretation der Funktion bestimmter Gene. Über die Ergebnisse berichtet das Team in Science.

Mehr Gene hier, weniger Gene dort

Da Selaginella zu den ältesten Gefäßpflanzen der Erde gehört und sich in den letzten 340 Millionen Jahren kaum verändert hat, erlaubt die Entschlüsselung des 22300 Gene umfassenden Genoms einen Blick in die Vergangenheit der Pflanzenwelt. Wie die etwa 100 Forscher unter Leitung von Prof. Jo Ann Banks (Purdue University, USA) feststellten, fehlen Selaginella die Gene, die in anderen Pflanzen die Blütenentwicklung, den Übergang vom Jugend- zum Erwachsenenstadium und weitere Funktionen kontrollieren. Wie Selaginella ähnliche Funktionen steuert, ist bislang nicht klar. Die Forscher fanden jedoch auch Gene, die typisch für Selaginella und andere Gefäßpflanzen sind, aber nicht in anderen Pflanzengruppen vorkommen. Die Funktion dieser Gene ist bisher völlig unbekannt, doch die Erkenntnis, dass sie nur in Gefäßpflanzen vorkommen, liefert neue Ansatzpunkte für die Forschung.

Neue Ressource für Arzneimittel

Ein Vergleich zwischen Selaginella und Arabidopsis thaliana, die in der Forschung ein Modellorganismus für Blütenpflanzen ist, ergab weitere spannende Unterschiede. Die Forscher untersuchten die Gene, die für die Herstellung bestimmter Stoffwechselprodukte verantwortlich sind, welche den Pflanzen z. B. ihren Duft verleihen oder ihre Abwehrmechanismen steuern. Viele Arzneimittel werden aus diesen Stoffwechselprodukten gewonnen, die auch sekundäre Metabolite genannt werden. Da sich die Gene in Selaginella und Arabidopsis völlig unabhängig voneinander entwickelten, sind höchstwahrscheinlich auch die sekundären Metabolite sehr verschieden. Selaginella könnte somit eine neue umfangreiche Quelle für Medikamente sein.

Titelaufnahme

Banks, JA et al. (2011) The Selaginella Genome Identifies Genetic Changes Associated with the Evolution of Vascular Plants. Science. doi: 10.1126/science.1203810

Weitere Informationen

Dr. Christian Schulz, Lehrstuhl für Evolution und Biodiversität der Pflanzen, Fakultät für Biologie und Biotechnologie der Ruhr-Universität, 44780 Bochum, Tel.: 0234/32-25579, Christian.Schulz-3@rub.de

Redaktion: Dr. Julia Weiler

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Weitere Informationen:

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