Kunststoffe aus Orangenschalen
Die Kunststoffindustrie sucht heute nach alternativen Rohstoffquellen, um in Zukunft vom knapper und teurer werdenden Erdöl unabhängig zu sein. Darüber hinaus ist es für sie von Interesse, das klimaschädliche Kohlenstoffdioxid chemisch zu fixieren.
Prof. Dr. Rolf Mülhaupt, Freiburger Materialforschungszentrum (FMF) und Institut für Makromolekulare Chemie der Universität Freiburg, hat zusammen mit seinem Mitarbeiter Moritz Bähr aus Limonen und den in der Luft vorkommenden Gasen Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid den Zugang zu neuen bio-basierten Kunststoffen eröffnet.
Den Forscherinnen und Forschern ist es erstmals gelungen, in einem Verfahren Limonenoxid mit Kohlendioxid umzusetzen, ohne dabei Lösungsmittel einzusetzen. Bei dieser Reaktion wird Kohlendioxid chemisch in Limonenoxid gebunden. Das so entstandene Limonendicarbonat ist gießfähig und kann mit so genannten Aminen gehärtet werden.
Die Wissenschaftler setzten als Aminhärter erstmals die in Freiburg maßgeschneiderten Zitronensäureamidoamine ein, die ebenfalls aus Zitrusfrüchten gewonnen werden. Bei der Härtung entstehen Polyurethan-Materialien. Im Unterschied zu konventionellen Polyurethanen sind keine giftigen Zwischenprodukte erforderlich. Die Materialeigenschaften können stark variiert werden.
Das Freiburger Verfahren basiert auf der grünen Chemie. Es werden weder toxische noch umweltschädlichen Stoffe verwendet und es entstehen keine Nebenprodukte. Darüber hinaus besteht im Unterschied zu anderen Bio-Kunststoffen keine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Limonenschalen fallen in großen Mengen als Abfallstoff in der Orangensaftproduktion an und können leicht durch Extraktion abgetrennt werden. Die Materialien können beispielsweise bei Formteilen für die Innen- und Außenverkleidung von Autos und für neue Schäume zur Wärmedämmung sowie für neue bio-basierte Beschichtungssysteme und Klebstoffe verwendet werden.
Diese Forschung wurde im FMF gemeinsam mit der Firma Volkswagen durchgeführt, um Kunststoffe erdölfrei sowie aus nachwachsenden Rohstoffen und Kohlendioxid zugänglich und für die Autoindustrie verfügbar zu machen.
Veröffentlichung:
Moritz Bähr, Alexandro Bitto and Rolf Mülhaupt, “Cyclic limonene dicarbonate as a new monomer for non-isocyanate oligo- and polyurethanes (NIPU) based upon terpenes” Green Chemistry 2012, Green Chemistry 2012, DOI: 10.1039/c2gc35099h
Kontakt:
Prof. Dr. Rolf Mülhaupt
Institut für Makromolekulare Chemie
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-6273
E-Mail: rolf.muelhaupt@makro.uni-freiburg.de
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.uni-freiburg.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften
Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.
Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.
Neueste Beiträge
Ein Herz so groß wie ein Stecknadelkopf
Uni Osnabrück untersucht Herzklappen von Fruchtfliegen… Gerade einmal zweieinhalb Millimeter messen die Fruchtfliegen (Drosophila melanogaster), an denen die Arbeitsgruppe der Zoologie und Entwicklungsbiologie der Uni Osnabrück forscht. Für die Untersuchung…
Waldinventur per Drohne und KI
Im Kampf gegen den Klimawandel sind Mangroven wichtige Verbündete; sie speichern bis zu fünfmal mehr Treibhausgase als andere Bäume. Dank einer von Forschenden aus Mitgliedseinrichtungen der U Bremen Research Alliance…
Beschichtungsverfahren der Zukunft
LZH und Cutting Edge Coatings auf der Optatec… Auf der Optatec 2024 zeigen das Laser Zentrum Hannover e.V. (LZH) und die Cutting Edge Coatings GmbH (CEC) neue Möglichkeiten der Beschichtungsverfahren…