Erste thermoplastische LKW-Motor-Ölwanne weltweit

„LU-Ölwanne“ haben die Entwickler von Kunststofftechnik Sachsen GmbH & Co.KG, Ottendorf-Okrilla, ihr Bauteil genannt. Die weltweit erste LKW-Ölwanne aus einem thermoplastischen Kunststoff ist Mitte Juli mit dem Sonderpreis der Society of Plastics Engineers (SPE), dem Grand Innovation Award 2003, ausgezeichnet worden. Mit dem Kunststoff Ultramid® und ihrer gesamten Erfahrung in Konstruktion und Design konnten die Fachleute der BASF zu dem Erfolg beitragen.

Die Ölwanne und der LKW

Das preisgekrönte Bauteil bietet selbst im rekordverwöhnten Automobilbau einige Superlative: Die Ölwanne aus Ultramid® A3HG7, einem Polyamid 6.6 mit 35 Prozent Glasfasern der BASF, ist um circa ein Dezibel leiser als ihr metallischer Vorgänger: Geräuscharmut ist eine zentrale Forderung im LKW-Bau. Das Fassungsvermögen ist um etwa 30 Prozent größer als das der bisher verwendeten Serienwanne, so dass die Wartungsintervalle um 50 Prozent verlängert werden können. Gegenüber einer vergleichbaren Konstruktion aus Aluminiumdruckguss ist die LU-Wanne um 50 Prozent leichter.

Eingesetzt wird die Ölwanne in der neuen Modellreihe des LKW Mercedes-Benz Actros von DaimlerChrysler, die ab Herbst produziert wird. Der große 6-Zylinder-V-Motor wird zusammen mit der Kunststoffwanne, aus der er sein Motoröl schöpft, in den nächsten beiden Jahrzehnten weltweit unterwegs sein.

Der Werkstoff und das Werkzeug

Das Spritzgießwerkzeug aus dem Hause Presswerkzeugbau Großdubra GmbH ist mit etwa 30 Tonnen Gesamtgewicht auch kein Spielzeug. Das sehr komplexe Werkzeug bietet mehrere Vorteile: Die stark hinterschnittenen Konturen der Ölwanne werden erst durch die beweglichen Schieber des Werkzeugs möglich, das Kunststoffbauteil lässt sich in einem Schuss herstellen, wobei die über sechs Kilo Polyamid an nur einer Anspritzstelle zugeführt werden. Enorm wichtig ist dabei die gute Fließfähigkeit des Ultramid® A3HG7. Da die Wanne in direkter Nachbarschaft zu den Rädern sitzt und Steinschlagbelastungen widerstehen muss, ist auch hohe Zähigkeit gefragt. A und O des Materials sind in dieser Anwendung aber die ausgezeichnete Heißöl- und Wärmealterungsbeständigkeit. Während der Werkstoff eine Spitzentemperatur von 150° Celsius aushält, muss die Polyamid-Ölwanne im Dauerbetrieb Heißölkontakt bei 120 Grad überstehen. Die Kunststofffachleute der BASF haben das Bauteil sogar im 3000-Stunden-130 Grad-Test geprüft – schließlich wird dem LKW eine Mindestlebensdauer von 10 Jahren oder eine Laufleistung von einer Million Kilometer abverlangt.

Durchhaltevermögen

Nicht nur das Bauteil, auch die Experten der beteiligten Unternehmen mussten Ausdauer aufbringen. „Es war ein aufwändiges Projekt, das durch solides Fachwissen und Beharrlichkeit bewältigt werden konnte“, erläutert Dr. Erich Liehr, Geschäftsführer der Kunststofftechnik Sachsen in Ottendorf-Okrilla. „Dass nun der Serienlauf beginnen kann, ist vor allem auch der Leistung der BASF-Anwendungstechniker zu verdanken, die für uns in Ludwigshafen Strukturanalysen, Verzugs- und Geräusch-Simulationen sowie Berstdruck-Untersuchungen durchführten. Besonders eindrucksvoll war die Bestätigung der Ergebnisse zur Faserausrichtung. Die berechneten Werte zu Schwingung und Verzug wurden auch im Bauteil nachgewiesen“.

Erster ostdeutscher Preisträger

Die Kunststofftechnik Sachsen GmbH & Co. KG (KTSN) ist der erste ostdeutsche Automobilzulieferer, der mit dem Grand Innovation Award, dem Sonderpreis der europäischen Sektion der weltweit aktiven SPE, ausgezeichnet wurde. KTSN mit Sitz in Ottendorf-Okrilla ist das Nachfolgeunternehmen von Kunststofftechnik Riesselmann und gehört seit 2002 zur Zarnack-Firmengruppe, einem Zusammenschluss von Entwicklungs- und Serienlieferanten aus den Bereichen Kunststofftechnik, Fahrzeugelektrik und KFZ-Bordnetze. Die Zarnack-Gruppe ist Partner der internationalen Automobilindustrie und beschäftigt derzeit über 1000 Mitarbeiter in vier Produktionsstätten. Der Konzernumsatz der Gruppe betrug im Geschäftsjahr 2002 rund 90 Mio Euro.

KTSN Kunststofftechnik Sachsen entwickelt und produziert neben Modulen für den Motorraum wie Ölwannen, Zylinderkopfhauben und Lüftungskomponenten auch Teile für den Automobilinnenraum wie Handschuhfächer, Cupholder, Aschenbecher und Verkleidungen. Der Cupholder für den neuen Audi A 3, ebenfalls von der SPE mit einem 4. Platz ausgezeichnet, stammt aus dem Hause KTSN. Das Unternehmen engagiert sich für Kooperationen sächsischer Unternehmen im Netzwerk Automobilzulieferer Kunststofftechnik Sachsen (AMZ-K), das die Kompetenzen und Kapazitäten der beteiligten Firmen bündelt und so zu ihrer Wettbewerbsfähigkeit beiträgt.

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