Qualifizierungsstrategien für das Ruhrgebiet

Qualifizierung und Kompetenzentwicklung für die Metropolregion Ruhr – IAT-Arbeitsmarktexperte Prof. Dr. Gerhard Bosch: Förderung der Innovationspole vernachlässigt beschäftigungsstarke Wachstumsbereiche außerhalb

Für die Modernisierung der Wirtschaft an der Ruhr ist eine Qualifizierungsstrategie nötig, die den besonderen Problemen der Region Rechnung trägt. „Es wäre ein großer Fehler, alle Gelder für Qualifizierung in IT-Projekte, Logistik oder Biotechnologie zu investieren. Die meisten Beschäftigten sind in anderen Feldern tätig wie Bürofachkräfte, Sozialarbeiter und Sprechstundenhilfen. Der Pflegebereich ist nur eines dieser Wachstumsfelder, ist dem sogar Personalmangel herrscht.“ Darauf wies jetzt der Arbeitsmarktexperte Prof. Dr. Gerhard Bosch, Vizepräsident des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen) und Mitglied der neuen Expertenkommission „Finanzierung lebenslangen Lernens“ beim Bundesbildungsministerium hin.

Der Verlust der alten Wachstumskerne, hohe Arbeitslosigkeit – vor allem auch bei ausländischen Arbeitskräften, gleichzeitig Fach- und Arbeitskräftemangel in einzelnen Branchen, Abwanderung von Hochschulabsolventen und zunehmende regionale Ungleichheit der Bildungschancen kennzeichnen die Probleme der Region. Dabei unterscheiden sich die wirtschaftlichen Profile der einzelnen Ruhrstädte sehr, entsprechend auch die Problemlagen: So konzentrieren sich etwa in Essen wirtschaftsnahe Dienstleistungen, die auch die Nachbarstädte bedienen, und in Duisburg Transport und Logistik. In einzelnen Städten sind Ansätze zu einem selbsttragenden Aufschwung erkennbar, z.B. Dortmund, in anderen noch nicht. Bosch plädiert deshalb für mehrere Teilstrategien. Es sollten Kooperationen zwischen den Akteuren gefördert, durch Leitprojekte Anstöße für die weitere Entwicklung gegeben und Plattformen für den Erfahrungsaustausch angeboten werden.

„Obgleich die Bedeutung von Qualifikation für die Modernisierung der Wirtschaft anerkannt ist, fehlt es noch an einer Verknüpfung von Struktur- und Qualifizierungspolitik“, kritisiert Bosch. Qualifizierungspolitik muss insbesondere im Ruhrgebiet mit seinen starken Ungleichheiten einen Beitrag zur Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt leisten. „Wenn man einen dauerhaften Aufschwung einleiten will, kann man es sich nicht leisten, einen Teil des Arbeitspotenzials zu vernachlässigen“. Deshalb sollten Arbeitsmarktprojekte der verschiedenen Bundes- und Landesförderprogramme aus ihrer Nische herausgeholt und mit dem ersten Arbeitsmarkt verbunden werden.

Die Bildungsinfrastruktur im Ruhrgebiet ist nach Auffassung Boschs stark verbesserungsfähig. Die Bildungsträger in der Region müssten nicht nur Standardangebote machen, sondern die Unternehmen bei der Entwicklung betrieblicher Qualifizierungsstrategien beraten und unterstützen. Dazu sollten Bildungsträger untereinander und mit Betrieben in „Lernallianzen“ kooperieren. Die Bildungswirtschaft könnte sich so als eigenständiges Kompetenzfeld im Ruhrgebiet profilieren, schlägt Bosch vor.

Um öffentliche Mittel effizient einzusetzen, sollten sich neue Projekte auf den größten Bedarf konzentrieren: Wissensintensive Innovationspole müssen durch Forschungs- und Ausbildungsschwerpunkte an den Hochschulen gefördert werden. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – im Schatten der Strukturpolitik – haben die größten Defizite in der Weiterbildung und benötigen Unterstützung bei der Entwicklung von Qualifizierungsstrategien. Jugendliche ohne Ausbildung werden ohne gezielte Förderung zu den Dauerarbeitslosen von morgen.

Für weitere Fragen steht Ihnen zur Verfügung: Prof. Dr. Gerhard Bosch, Durchwahl: 0209/1707-147

Institut Arbeit und Technik
Pressereferentin
Claudia Braczko
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45886 Gelsenkirchen

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