Selbstlernende Bohrmaschine

Moderne und starke Bohrmaschinen gehen in die meisten Betonwände wie in Butter. Doch ist Beton nicht gleich Beton – je nach Anwendung werden verschiedene Arten eingesetzt. Schon hinsichtlich der Festigkeit existieren große Unterschiede: Ein Gartenweg aus Waschbetonplatten ist Butter gegenüber einem Tresorraum, der mit stahlarmiertem Schwerbeton vor Attacken geschützt ist. Um ein Loch hineinzubohren, sollte die Schlagbohrmaschine etwas von Beton- und Gesteinsarten »verstehen«, denn die Bohrgeschwindigkeit hängt von zwei variablen Größen ab: der Drehzahl des (hoffentlich scharfen) Bohrers und der Frequenz des Hammerwerks. Um sie optimal aufeinander abzustimmen und einen maximalen Bohrvorschub zu erreichen, haben Ingenieure am Fraunhofer-Institut für Informations- und Datenverarbeitung IITB eine intelligente Antriebsregelung entwickelt, die sich selbsttätig auf unterschiedliche Bohrer, Bau- und Gesteinsmaterialien sowie Anpressdrücke des Bedieners einstellt. Ein kooperierendes Industrieunternehmen testet dieses patentierte Konzept mit Prototypen seiner Hochleistungsbohrhämmer im praxisnahen Einsatz.

»Mensch, Bohrhammer und Wand bilden ein mechanisches Gesamtsystem«, erläutert Dr. Helge-Björn Kuntze. »Bediener drücken und bewegen die Maschine unterschiedlich und die Wandfestigkeit variiert von Fall zu Fall. Da das dynamische Verhalten relativ empfindlich gegenüber Veränderungen dieser Parameter ist, haben wir die elektronische Antriebssteuerung mit einer lernfähigen Neuro-Fuzzy-Komponente ausgerüstet.« Als Eingangsgrößen messen mehrere Sensoren in der Maschine Schlag- und Drehzahl, elektrische Leistung, Längs- und Querbeschleunigung. Die Elektronik vergleicht diese Daten mit gespeicherten Standardsituationen und »erkennt« daraus nahezu verzögerungsfrei aktuelle Situationsparameter wie Bohrer-, Gesteinstyp und Anpressdruck. Findet sie keine genau passende Situation, so nimmt sie die naheliegensten Parameter an.

Im zweiten Schritt muss die Steuerung den optimalen Arbeitspunkt finden und einstellen. »Dieser Abgleich basiert auf realen Bohrversuchen an Beton- und Gesteinsnormkörpern«, erklärt der Leiter des IITB-Geschäftsfeldes Mess-, Regelungs- und Diagnosesysteme. »Die zu jeder Situation passenden besten Betriebspunkte sind in Kennfeldern abgelegt und wurden in das Gehirn der Maschine implantiert.« Das Konzept der lernenden Bohrmaschine soll in Zukunft auch auf große Anwendungen übertragen werden. Das könnte dazu führen, dass es im Tunnelbau bald schneller vorwärts geht.

Media Contact

Dr. Helge-Björn Kuntze Mediendienst

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Informationstechnologie

Neuerungen und Entwicklungen auf den Gebieten der Informations- und Datenverarbeitung sowie der dafür benötigten Hardware finden Sie hier zusammengefasst.

Unter anderem erhalten Sie Informationen aus den Teilbereichen: IT-Dienstleistungen, IT-Architektur, IT-Management und Telekommunikation.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer