Sprachalltag im nördlichen Baden-Württemberg

Am Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft hat im November 2009 das Projekt „Sprachalltag in Nord-Baden-Württemberg“ unter der Leitung der Professoren Hubert Klausmann und Bernhard Tschofen begonnen.

Ziel des Forschungsvorhabens ist zum einen die Erfassung lokaler Mundarten für die Dialektforschung, um damit die einzige Lücke in der sprachgeografischen Dokumentation des süddeutschen Raumes zu schließen. Zum anderen untersucht es den Dialektgebrauch in gegenwärtigen Alltagssituationen. Das Projekt verbindet dabei sprach- und kulturwissenschaftliche Ansätze.

Getragen wird das Projekt „Sprachalltag in Nord-Baden-Württemberg“ vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg und der Eberhard Karls Universität Tübingen mit Unterstützung des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg und des Fördervereins Schwäbischer Dialekt e.V.

Das Schließen der geografischen Lücke in der Dialektforschung ist ein dringliches Vorhaben, das aus methodischen Gründen zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr vorgenommen werden kann. Alle bisher erschienenen Atlanten des süddeutschen Sprachraums haben mit einem Fragebuch gearbeitet, das sich vor allem auf die bäuerliche Lebenswelt bezieht. Für die wissenschaftliche Arbeit muss das Datenmaterial vergleichbar sein. Daher sollten die Erhebungen für den Norden Baden-Württembergs mit dem traditionellen Fragebuch durchgeführt werden, solange noch genügend Menschen mit dieser Lebensweise vertraut sind.

Ein wesentliches Ziel des Projekts ist die Aufarbeitung der Daten in einem populärwissenschaftlichen Sprachatlas, mit dem die Ergebnisse auch der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen. Durch den Einsatz neuer Medien werden Ausschnitte aus den Erhebungen bereits als 'work in progress' online verfügbar sein.

In einer ersten Phase werden etwa 90 Ortschaften zwischen Ulm und Wertheim sowie zwischen Lauchheim und Mannheim untersucht. Dabei wird zur Datenerhebung in allen Ortschaften ein Katalog von 1500 Fragen durchgearbeitet, der lautliche, lexikalische und grammatikalische Besonderheiten der lokalen Mundart erfasst. In der zweiten Phase kommt in weiteren Ortschaften ein verkürzter Katalog zum Einsatz, der lediglich diejenigen Fragen enthält, bei denen sich in der ersten Befragung Unterschiede ergeben haben. Nach drei Jahren soll die zweite Phase abgeschlossen sein.

Der sprachliche Alltag in Baden-Württemberg spiegelt sich in der Erfassung der lokalen Mundarten jedoch nur unzureichend wider, da diese Dialekte in ihrer „reinen“ Form heute nur noch von der älteren Generation gesprochen werden. Parallel zur sprachgeographischen Erhebung untersucht das Projekt daher zudem Reichweite und Funktion der Alltagssprache. Dabei sind auch die Einstellungen zu lokalen und regionalen Formen aus der subjektiven Sicht der Sprechenden interessant. Ein weiterer Aspekt der Untersuchungen gilt der Akzeptanz regionaler Varianten im Schriftdeutschen. In diesem Kontext arbeitet das Projekt auch mit Schulen zusammen.

Die sprach- und kulturwissenschaftlichen Dissertationsprojekte der wissenschaftlichen Mitarbeiter Rudolf Bühler, Rebekka Bürkle und Nina Kim Leonhardt werden zudem unter anderem Vertiefungen zum Sprachwandel und Generationenvergleich, zu kultureller Zugehörigkeit und räumlicher Orientierung enthalten.

Kontakt:

Prof. Dr. Hubert Klausmann, Prof. Dr. Bernhard Tschofen
Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft
Burgsteige 11 (Schloss)
72070 Tübingen
Tel.: (07071) 29-74886/29-72374
Fax: (07071) 29-5330
E-Mail: http://sprachalltag[at]uni-tuebingen.de
http://www.sprachalltag.de (verfügbar ab Februar 2010)
EBERHARD KARLS UNIVERSITÄT TÜBINGEN
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