Weniger Überschwemmungen während warmen Sommern

Dies geht aus einer vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützten Studie hervor, die von Forschenden der Eawag, der Universität Bern und der ETH Zürich durchgeführt wurde. Der Blick in die Vergangenheit legt den Schluss nahe, dass die Häufigkeit von Überschwemmungen in den Zentralalpen künftig abnehmen könnte.

Überschwemmungen stellen für die Bevölkerung und die Infrastruktur des Alpenbogens die grösste Naturgefahr dar. In welcher Häufigkeit werden diese extremen Wetterereignisse in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich auftreten, wenn den Klimaszenarien gemäss mit wärmeren Sommern und einem Rückgang des Gesamtniederschlags zu rechnen ist? Die Untersuchung von geologischen Archiven (Seesedimenten) sowie der Vergleich mit Perioden, in denen höhere Temperaturen herrschten, können Anhaltspunkte zur Beantwortung dieser Frage liefern. Doch instrumentelle Direktmessungen und historische Dokumente lassen lediglich Rückschlüsse auf die letzten Jahrhunderte zu.

Regionale Zeitreihen
Ein Team aus Forschenden der Eawag, der Universität Bern und der ETH Zürich unter der Leitung von Flavio Anselmetti und Adrian Gilli hat nun erstmals das Auftreten von Überschwemmungen im nördlichen Alpenraum über die letzten 2500 Jahre lückenlos zurückverfolgt (*). Zu diesem Zweck haben die Wissenschaftler zehn Seen im nördlichen Alpenraum Sediment-Bohrkerne entnommen, diese analysiert und die für Überschwemmungsphasen charakteristischen Ablagerungen datiert. „Die Seen liegen über ein grosses Gebiet verteilt und auf unterschiedlichen Höhenstufen. Dadurch können wir den Einfluss von lokalen Besonderheiten und Ereignissen verringern und erhalten ein klimatisches Gesamtbild der Zentralalpen“, erklärt Lukas Glur, der Erstautor der Studie. „Wir haben auf diese Weise dreizehn Zeiträume mit häufigen Überschwemmungen ermittelt, zu deren Intensität wir allerdings nichts aussagen können.“

Einfluss eines ausgeprägteren subtropischen Hochdruckgürtels

Die Zusammenführung dieser Daten mit einer Rekonstruktion der Sommertemperatur in Mitteleuropa über die letzten 2500 Jahre – von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) – zeigt, dass zwischen kühleren Sommern und Zeiträumen mit häufigeren Überschwemmungen eine positive Korrelation besteht. Die Forschenden führen diese auf Änderungen der atmosphärischen Zirkulation über dem Nordatlantik zurück. Charakteristisch für warme und trockene Sommer im nördlichen Alpenraum ist demnach eine Nordverlagerung des subtropischen Hochdruckgürtels, wodurch die feuchten Luftmassen nach Nordeuropa gelenkt werden. Wenn im umgekehrten Fall diese Hochdruckzone weniger stark ausgedehnt ist, schlagen die Tiefdruckstörungen eine südlichere Zugbahn ein und treffen auf den Alpennordhang, wo sie erhebliche Niederschläge hervorrufen.

Nach aktuellem Wissensstand dürfte der Klimawandel die Ausdehnung dieser Hochdruckzone begünstigen. Daher rechnen die Forschenden mit generell weniger Überschwemmungsereignissen in den Zentralalpen, jedoch ohne über die Intensität einzelner Hochwassser Aussagen machen zu können.

(*) Lukas Glur, Stefanie B. Wirth, Ulf Büntgen, Adrian Gilli, Gerald H. Haug, Christoph Schär, Jürg Beer and Flavio S. Anselmetti (2013). Frequent flood in the European Alps coincide with cooler periods of the past 2500 years Scientific Reports: doi:10.1038/srep02770
(für Medienvertreter als PDF-Datei unter folgender E-Mail-Adresse beim SNF erhältlich: com@snf.ch)

Nach Ablauf der Sperrfrist ist die Publikation kostenlos hier verfügbar: http://dx.doi.org/10.1038/srep02770

Zum gleichen Thema
Video-Interview mit Lukas Glur: http://www.eawag.ch/medien/bulletin/20130926/index
Kontakt
Lukas Glur
Eawag
CH-8600 Dübendorf
Tel.: +41 31 631 45 67
E-Mail: lukas.glur@eawag.ch
Prof. Flavio S. Anselmetti
Institut für Geologie
Universität Bern
Baltzerstrasse 1+3
CH-3012 Bern
Tel.: +41 31 631 87 06/ +41 79 483 17 86
E-Mail: flavio.anselmetti@geo.unibe.ch

Media Contact

Medien - Abteilung Kommunikation idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften

Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.

Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer