Temperaturanstieg im Permafrost erhöht Freisetzung des Klimagases Methan

Höhere Temperaturen in arktischen Dauerfrostböden verändern die Lebensgemeinschaft Methan bildender Mikroorganismen und führen zu einer erhöhten Methanfreisetzung. Zu diesem Ergebnis kommen Mikrobiologen aus dem Alfred-Wegener-Institut in einer aktuellen Veröffentlichung der Zeitschrift „Environmental Microbiology“.

Die Wissenschaftler konnten erstmals Permafrost aus dem Meeresboden der Laptewsee untersuchen, einem flachen Schelfmeer vor der Küste Sibiriens. Durch die Überflutung mit relativ warmem Meerwasser ist dieser so genannte „submarine Permafrost“ etwa 10 Grad Celsius wärmer als der Permafrost an Land. Er eignet sich deshalb besonders gut, um Veränderungen in Dauerfrostböden bei anhaltender Erwärmung der Erdatmosphäre zu erforschen.

„Wenn die Dauerfrostböden sich erwärmen oder sogar tauen, könnte das dramatische Konsequenzen für das weltweite Klimageschehen haben“, verdeutlicht der Mikrobiologe Dr. Dirk Wagner von der Forschungsstelle Potsdam des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft die Bedeutung der Permafrostforschung. „Sie bedecken derzeit etwa 25 Prozent der Landfläche unserer Erde und speichern riesige Mengen an organischem Kohlenstoff.“

Unter Ausschluss von Sauerstoff und damit unter Bedingungen, wie sie aufgrund der Wassersättigung im Permafrost typisch sind, bildet sich beim Abbau von organischem Kohlenstoff das Klimagas „Methan“. Verantwortlich für die Bildung von Methan sind spezielle Mikroorganismen, die als methanogene Archaeen bezeichnet werden. „Wie viel Kohlenstoff umgesetzt und wie viel Methan dementsprechend gebildet wird, hängt von der Stoffwechselaktivität der Organismen und von der Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaft ab“, erläutert Wagner. „Deshalb beschäftigen wir uns intensiv mit der Frage, wie sich diese beiden Parameter mit steigender Temperatur im Permafrost verändern.“

Bereits in früheren Untersuchungen wiesen die Potsdamer Wissenschaftler nach, dass Mikroorganismen selbst in tief gefrorenen Permafrostablagerungen bei Temperaturen um minus 7 Grad Celsius Methan bilden. Werden die Temperaturen experimentell um wenige Grad erhöht, so erhöht sich auch die Stoffwechselaktivität der Organismen und damit die Methanproduktion im Permafrost. Bisher war jedoch nicht geklärt, ob die Lebensgemeinschaften Methan bildender Mikroorganismen sich überhaupt dauerhaft an höhere Temperaturen in arktischen Dauerfrostböden anpassen können. Diesen Nachweis haben die Potsdamer Wissenschaftler durch ihren Vergleich von terrestrischen und submarinen Permafrostablagerungen nun erstmals erbracht.

Der submarine Permafrost hat sich in einer ehemaligen Landmasse entwickelt, die durch den Meeresspiegelanstieg nach der letzten Eiszeit überflutet wurde. Es handelt sich also ursprünglich ebenfalls um terrestrische Permafrostablagerungen. Doch im Gegensatz zum heutigen terrestrischen Permafrost, der eine Durchschnittstemperatur von minus 12 Grad Celsius aufweist, ist der submarine Permafrost durch das relativ warme Meerwasser bereits auf etwa minus 2 Grad Celsius erwärmt worden. Indem sie die an der Methanbildung beteiligten Mikroorganismengemeinschaften in beiden Permafrostgebieten verglichen, konnten Wagner und sein Team zeigen, dass sich die Zusammensetzung der Methan bildenden Mikroben im submarinen Permafrost deutlich von der im terrestrischen Permafrost unterscheidet. Die Lebensgemeinschaft der Mikroorganismen kann sich demnach gut und dauerhaft auf höhere Temperaturen einstellen.

„Unsere Studien, die wir seit 10 Jahren im Umfeld der Russisch-Deutschen Forschungsstation Samoylow in der sibirischen Arktis betreiben, zeigen sehr deutlich“, fasst Wagner die Erkenntnisse seiner langjährigen Arbeit zusammen, „dass die Lebensgemeinschaften der Mikroorganismen sehr flexibel auf Klimaänderungen reagieren. Und selbst wenn die Böden noch tief gefroren sind, erhöht sich die Stoffwechselaktivität Methan bildender Mikroben mit steigender Temperatur. Für uns ist das ein sicheres Indiz dafür, dass die zu beobachtende Erwärmung der Atmosphäre in den riesigen Permafrostregionen der Erde bereits heute zu einer erhöhten Freisetzung des Treibhausgases Methan führt.“

Das Alfred-Wegener-Institut forscht in der Arktis, Antarktis und den Ozeanen der mittleren sowie hohen Breiten. Es koordiniert die Polarforschung in Deutschland und stellt wichtige Infrastruktur wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen in der Arktis und Antarktis für die internationale Wissenschaft zur Verfügung. Das Alfred-Wegener-Institut ist eines der fünfzehn Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands.

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Margarete Pauls idw

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