Kilometer hohe Berge in wenigen Sekunden gebildet

Eine neue Untersuchung einer Arbeitsgruppe aus Prof. Christian Koeberl und Doktorand Ludovic Ferrière vom Department für Lithosphärenforschung der Universität Wien, sowie Prof. Uwe Reimold vom Museum für Naturkunde an der Humboldt Universität in Berlin, und Dr. Boris Ivanov von der Russischen Akademie der Wissenschaften erscheint in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift „Science“ vom 12. Dezember 2008 und beleuchtet diese faszinierenden geologischen Prozesse in bisher unbekanntem Detail.

Dabei wurde erstmalig eine Kombination von detaillierten mikroskopischen Untersuchungen an Gesteinen mit computersimulierten Einschlagsmodellen angewendet und festgestellt, dass sich Kilometer hohe Berge innerhalb weniger Sekunden bilden können.

Beim Einschlag eines Asteroiden oder Kometen wird durch die enorme Energie, die nach dem Auftreffen auf die Erdoberfläche frei wird, eine Hochdruck- oder Schockwelle gebildet, die halbkugelförmig in den Boden läuft und dort zu unumkehrbaren Änderungen in der Struktur der Gesteine und Minerale führt. Unmittelbar danach wird das Gestein druckentlastet. Dabei kommt es nicht nur zum Auswurf von enormen Gesteinsmengen und der eigentlichen Kraterbildung, sondern – so die bisherige Vermutung – auch zu einer Art Verflüssigung von Tiefengestein, das mit hoher Geschwindigkeit im Zentrum eines Einschlagskraters an die Oberfläche gebracht wird. Die Details dieses Vorganges waren bis jetzt nur wenig bekannt.

Die neue Untersuchung hat die durch den Einschlag ausgelösten Veränderungen in solch hochgehobenen Gesteinen aus einem Bohrkern aus dem Inneren des Zentralbergs des Bosumtwi-Einschlagskraters in Ghana (Westafrika) in erheblichem Detail beleuchtet. Der Bosumtwi-Krater ist mit 11 km Durchmesser und einem Alter von 1 Million Jahre der jüngste große Einschlagskrater auf der Erde. In ihm wurde vor kurzer Zeit ein internationales Bohrprojekt des International Continental Scientific Drilling Program (ICDP) durchgeführt. In einem dabei gewonnenen, etwa 200 Meter langen Gesteinsbohrkern aus Tiefen bis fast 500 m wurden etwa 9000 Quarzkörner mit einem mikroskopischen Verfahren auf ihre Verformung untersucht. Dabei konnten die Schockdrucke, denen die Quarzkörner im Gestein ausgesetzt waren, bestimmt werden, und es wurde festgestellt, dass es zu einer Druckabnahme von oben nach unten innerhalb des 200 Meter langen Bohrkern-Segmentes kam. Auf der Basis dieser Daten konnte mit Hilfe eines Computermodells die ursprüngliche Position dieser Gesteine in der Tiefe, vor dem Einschlag, berechnet werden. Dabei zeigte sich, dass bei kleineren bis mittelgroßen Meteoritenkratern die Zentralberge offensichtlich durch das Hochheben riesiger Gesteinsschollen gebildet werden. Die Forschungshypothese, dass die Bildung von Zentralbergen eine Gesteinsverflüssigung beinhalten muss, wird dadurch nicht unterstützt. Dieses interessante Ergebnis ist nur durch die Kombination von sehr arbeitsaufwendigen mikroskopischen Detailuntersuchungen und den Modellrechnungen im makroskopischen Bereich möglich geworden.

Kontakt:
Professor Uwe Reimold, Museum für Naturkunde an der Humboldt Universität Berlin, Invalidenstrasse 43, 10115 Berlin; Tel. (030) 2093 8470; E-mail uwe.reimold@museum.hu-berlin.de

Dr. Gesine Steiner, Pressestelle Museum für Naturkunde, info@museum.hu-berlin.de

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