Freiburger Forscher entwickeln genetischen Bauplan für Organellen, die einfachen Zellen neue Funktionen verleihen
Ein Forschungsteam um Dr. Stefan Schiller, seine Mitarbeiter Dr. Matthias Huber und Dr. Andreas Schreiber sowie weitere Gruppen aus Freiburg und Ungarn hat eine lange vorherrschende Annahme in der Biologie widerlegt:
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben gezeigt, dass es nicht nur möglich ist, Organellen – Organe der Zelle – um neue Funktionen zu erweitern, sondern auch, sie mithilfe von genetischen Bauplänen vollständig neu zu bilden. Die Ergebnisse haben sie im Fachmagazin „Nature Materials“ veröffentlicht.
Zellen lassen sich in zwei Gruppen einteilen: einfache Zellen wie Bakterien sowie höhere Zellen, beispielsweise die der Pflanzen, Tiere und Menschen. Sie unterscheiden sich unter anderem im inneren Aufbau: Höhere Zellen enthalten Organellen, die – wie Organe im menschlichen Körper – spezielle Funktionen erfüllen: Mitochondrien beispielsweise stellen Energie bereit, die Lysosomen der Tierzellen und die Vakuolen der Pflanzenzellen sind für den Abbau von Stoffen zuständig.
Organellen werden hauptsächlich aus Lipiden gebildet – Stoffe wie Fette und Öle, für die es als so genannte sekundäre Genprodukte keinen direkten Bauplan im Erbgut gibt. Die Wissenschaftler dagegen haben einen Ansatz entwickelt, der stattdessen auf amphiphile Proteine setzt. Diese besitzen, ebenso wie Lipide, einen wasserfreundlichen und einen wasserabstoßenden Molekülteil.
Aufgrund dieser Eigenschaft können sie sich im Innenraum der Zelle selbstständig zu organellähnlichen Kompartimenten zusammenlagern. Die Biosynthese von Proteinen lässt sich durch einen Bauplan in Form von Plasmid-DNA steuern. Diese doppelsträngigen, meist ringförmigen Moleküle kommen in Bakterien vor und ermöglichen es damit, diese mit synthetischen Organellen auszustatten.
Der Ansatz eröffnet neue Perspektiven für das Studium biomedizinischer Prozesse sowie für Anwendungen in der Biotechnologie, Chemie und Pharmazie. „Erstmals können wir, ausgehend von rational designten Proteinbausteinen, in der Zelle gezielt eine neue Organelle bilden und mit Funktionen ausstatten. Dies ist ein fundamental neuer Ansatz für die Biologie, Biotechnologie und Medizin“, sagt Schiller.
Mithilfe von chemischen Reaktionen, die bisher in der Zelle nicht möglich waren, eröffnen sich neue Möglichkeiten, um Produkte biotechnologisch herzustellen. Insbesondere für die chemische Industrie könnten durch die funktionelle Erweiterung von Bakterienzellen wichtige Ausgangsstoffe produziert werden, für deren Biosynthese es bisher keine Strategien und Verfahren gab.
Für die Realisierung dieser Ideen hat Schiller 2014 den Forschungspreis „Nächste Generation biotechnologischer Verfahren – Biotechnologie 2020+“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung erhalten. Er leitet am Zentrum für Biosystemanalyse (ZBSA) der Universität Freiburg eine Arbeitsgruppe, die chemische Biologie, organische Synthese, synthetische Biologie und neue Biomaterialien mit technischen Systemen wie Mikroreaktoren sowie mit modernen Analysenmethoden kombiniert.
Hierzu arbeitet das Team mit weiteren Arbeitsgruppen des ZBSA, der Fakultät für Chemie und Pharmazie, der Fakultät für Biologie, des Instituts für Mikrosystemtechnik (IMTEK) und des Exzellenzclusters BIOSS Centre for Biological Signalling Studies der Universität Freiburg zusammen.
Links:
Pressemitteilung zum Preis „Nächste Generation biotechnologischer Verfahren – Biotechnologie 2020+“ für Stefan Schiller
Originalpublikation: Designer amphiphilic proteins as building blocks for the intracellular formation of organelle-like compartments. In: Nature Materials 14, 125–132 (2015). doi:10.1038/nmat4118
Kontakt:
Dr. Stefan Schiller
Zentrum für Biosystemanalyse
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-97405
E-Mail: stefan.schiller@frias.uni-freiburg.de
Nicolas Scherger | Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Weitere Berichte zu: > Bakterien > Bakterium > Bildung und Forschung > Biofabrik > Biologie > Biosynthese > Biosystemanalyse > Biotechnologie > Nature > Organellen > Pharmazie > ZBSA > Zelle > synthetische Biologie
Neuer Impfstoff-Kandidat gegen Malaria erfolgreich in erster klinischer Studie untersucht
25.04.2018 | Universitätsklinikum Heidelberg
Demographie beeinflusst Brutfürsorge bei Regenpfeifern
25.04.2018 | Max-Planck-Institut für Ornithologie
Das Kleben der Zellverbinder von Hocheffizienz-Solarzellen im industriellen Maßstab ist laut dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE und dem Anlagenhersteller teamtechnik marktreif. Als Ergebnis des gemeinsamen Forschungsprojekts »KleVer« ist die Klebetechnologie inzwischen so weit ausgereift, dass sie als alternative Verschaltungstechnologie zum weit verbreiteten Weichlöten angewendet werden kann. Durch die im Vergleich zum Löten wesentlich niedrigeren Prozesstemperaturen können vor allem temperatursensitive Hocheffizienzzellen schonend und materialsparend verschaltet werden.
Dabei ist der Durchsatz in der industriellen Produktion nur geringfügig niedriger als beim Verlöten der Zellen. Die Zuverlässigkeit der Klebeverbindung wurde...
Auf der Hannover Messe 2018 präsentiert die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), wie Astronauten in Zukunft Werkzeug oder Ersatzteile per 3D-Druck in der Schwerelosigkeit selbst herstellen können. So können Gewicht und damit auch Transportkosten für Weltraummissionen deutlich reduziert werden. Besucherinnen und Besucher können das innovative additive Fertigungsverfahren auf der Messe live erleben.
Pulverbasierte additive Fertigung unter Schwerelosigkeit heißt das Projekt, bei dem ein Bauteil durch Aufbringen von Pulverschichten und selektivem...
At the Hannover Messe 2018, the Bundesanstalt für Materialforschung und-prüfung (BAM) will show how, in the future, astronauts could produce their own tools or spare parts in zero gravity using 3D printing. This will reduce, weight and transport costs for space missions. Visitors can experience the innovative additive manufacturing process live at the fair.
Powder-based additive manufacturing in zero gravity is the name of the project in which a component is produced by applying metallic powder layers and then...
Ingenieure des Fraunhofer-Instituts für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) in Dresden haben in Kooperation mit Industriepartnern ein innovatives Verfahren...
Physiker des Labors für Attosekundenphysik, der Ludwig-Maximilians-Universität und des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik haben eine leistungsstarke Lichtquelle entwickelt, die ultrakurze Pulse über einen Großteil des mittleren Infrarot-Wellenlängenbereichs generiert. Die Wissenschaftler versprechen sich von dieser Technologie eine Vielzahl von Anwendungen, unter anderem im Bereich der Krebsfrüherkennung.
Moleküle sind die Grundelemente des Lebens. Auch wir Menschen bestehen aus ihnen. Sie steuern unseren Biorhythmus, zeigen aber auch an, wenn dieser erkrankt...
Anzeige
Anzeige
infernum-Tag 2018: Digitalisierung und Nachhaltigkeit
24.04.2018 | Veranstaltungen
Fraunhofer eröffnet Community zur Entwicklung von Anwendungen und Technologien für die Industrie 4.0
23.04.2018 | Veranstaltungen
Mars Sample Return – Wann kommen die ersten Gesteinsproben vom Roten Planeten?
23.04.2018 | Veranstaltungen
Neuer Impfstoff-Kandidat gegen Malaria erfolgreich in erster klinischer Studie untersucht
25.04.2018 | Biowissenschaften Chemie
Erkheimer Ökohaus-Pionier eröffnet neues Musterhaus „Heimat 4.0“
25.04.2018 | Architektur Bauwesen
Fraunhofer ISE und teamtechnik bringen leitfähiges Kleben für Siliciumsolarzellen zu Industriereife
25.04.2018 | Energie und Elektrotechnik