Tierversuche sind derzeit aus der Forschung nicht völlig wegzudenken, sollen jedoch auf das notwendige Minimum beschränkt werden. Einen wichtigen Beitrag dazu leistet die Forschung von Prof. Dr. Hanno Würbel, Professor für Tierschutz und Ethologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), deren neueste Ergebnisse jetzt in "Nature Methods" publiziert wurden.
Mit dieser Arbeit hat Prof. Würbel - entgegen der bislang gängigen Lehrmeinung - nachgewiesen, dass die Standardisierung der Umweltbedingungen die Aussagekraft und Reproduzierbarkeit von Tierversuchen beeinträchtigt. Er konnte zeigen, dass vielmehr die systematische Variation von Umweltbedingungen zu besser wiederholbaren und aussagekräftigeren Ergebnissen führt und damit das Risiko falsch positiver Ergebnisse verringert. Dies ist nicht nur im Sinne des Tierschutzes, sondern könnte bei der Entwicklung von Medikamenten im Tierversuch zu erheblichen Einsparungen führen, von denen letztlich auch die Verbraucher profitieren würden.
Bislang war man in der Versuchstierkunde davon ausgegangen, dass eine möglichst umfassende Standardisierung aller Umweltfaktoren die Reproduzierbarkeit von Ergebnissen aus Tierversuchen garantiert. Weil Standardisierung innerhalb von Labors zu einer Vereinheitlichung der Versuchstiere führt, sich jedoch viele Faktoren (z.B. Personal, Geruchskulisse, etc.) zwischen Labors nicht standardisieren lassen, liefern Tierversuche viele Ergebnisse, die labor- oder versuchsspezifisch sind und somit keine allgemeine Gültigkeit besitzen. Dies führt zu widersprüchlichen Erkenntnissen und erfordert - unter Einsatz vieler weiterer Versuchstiere - Wiederholungsversuche.
Diese Hypothese konnte Prof. Würbel nun im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts mit Hilfe der Doktorandin Helene Richter und eines Kollegen, Prof. Dr. Joseph P. Garner (Purdue University, USA), bestätigen. Dazu benötigten die Wissenschaftler noch nicht einmal zusätzliche Versuchstiere, sondern arbeiteten mit einem bereits publizierten Datensatz über Verhaltensunterschiede zwischen verschiedenen Mäusestämmen aus einer Multi-Labor-Studie. Daraus generierten sie Versuchswiederholungen, deren Mäuse bezüglich dreier bestimmter Umweltfaktoren (Versuchslabor, Liefertermin und Haltungsbedingung) entweder einheitlich (standardisiert) oder systematisch unterschiedlich (heterogenisiert) waren. Die Befunde waren eindeutig: Die Ergebnisse der heterogenisierten Versuchswiederholungen waren viel einheitlicher als die der standardisierten. Zudem lieferten standardisierte Versuchswiederholungen eine deutlich erhöhte Rate falsch positiver Ergebnisse (d.h. Stammesunterschiede, die nur in einer bestimmten Versuchswiederholung auftraten).
Aufgrund dieser Befunde sollte sich laut Prof. Würbel durch ein Versuchsdesign mit systematisch variierten Umweltbedingungen die Aussagekraft von Tierversuchen erheblich verbessern und die Rate falsch positiver Ergebnisse vermindern lassen. Damit ließen sich personell und finanziell aufwendige Wiederholungsversuche vermeiden und wirkungslose Substanzen in der Medikamentenentwicklung frühzeitig erkennen. Würbel schätzt, dass für jedes Medikament, das auf den Markt kommt, mehr als 100 wirkungslose Substanzen geprüft und im Verlauf der Entwicklung fallen gelassen werden. "Unser Ansatz der Heterogenisierung der Versuchsbedingungen sollte die Früherkennung wirkungsloser Substanzen erleichtern", sagt der Tierschutz-Experte. Dies könnte bei der Medikamentenentwicklung zu erheblichen Kosteneinsparungen führen und damit die Medikamentenpreise senken, die maßgeblich von den Entwicklungskosten bestimmt werden. Zudem ließen sich damit - ganz im Sinne des Tierschutzes - unzählige Versuchstiere einsparen.
Vol. 6, No. 4, April 2009, pp. 257-261
Kontakt:
Caroline Link | idw
Weitere Informationen:
http://www.vetmed.uni-giessen.de
Weitere Berichte zu: > Hypothese > Medikament > Medikamentenentwicklung > Medikamentenpreise > Nature Immunology > Reproduzierbarkeit > Tierschutz > Tierversuch > Umweltbedingung > Umweltfaktoren > Versuchslabor > Versuchstier > Versuchswiederholung > Wiederholungsversuche
Adenoviren binden gezielt an Strukturen auf Tumorzellen
23.04.2018 | Eberhard Karls Universität Tübingen
Software mit Grips
20.04.2018 | Max-Planck-Institut für Hirnforschung, Frankfurt am Main
Physiker des Labors für Attosekundenphysik, der Ludwig-Maximilians-Universität und des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik haben eine leistungsstarke Lichtquelle entwickelt, die ultrakurze Pulse über einen Großteil des mittleren Infrarot-Wellenlängenbereichs generiert. Die Wissenschaftler versprechen sich von dieser Technologie eine Vielzahl von Anwendungen, unter anderem im Bereich der Krebsfrüherkennung.
Moleküle sind die Grundelemente des Lebens. Auch wir Menschen bestehen aus ihnen. Sie steuern unseren Biorhythmus, zeigen aber auch an, wenn dieser erkrankt...
Physicists at the Laboratory for Attosecond Physics, which is jointly run by Ludwig-Maximilians-Universität and the Max Planck Institute of Quantum Optics, have developed a high-power laser system that generates ultrashort pulses of light covering a large share of the mid-infrared spectrum. The researchers envisage a wide range of applications for the technology – in the early diagnosis of cancer, for instance.
Molecules are the building blocks of life. Like all other organisms, we are made of them. They control our biorhythm, and they can also reflect our state of...
Schweißen ist noch immer die Standardtechnik, um Metalle miteinander zu verbinden. Doch das aufwändige Verfahren unter hohen Temperaturen ist nicht überall...
Ein computergestütztes Netzwerk zeigt, wie die Ionenkanäle in der Membran von Nervenzellen so verschiedenartige Fähigkeiten wie Kurzzeitgedächtnis und Hirnwellen steuern können
Nervenzellen, die auch dann aktiv sind, wenn der auslösende Reiz verstummt ist, sind die Grundlage für ein Kurzzeitgedächtnis. Durch rhythmisch aktive...
Von einer einzigen Stammzelle zur Vielzahl hochdifferenzierter Körperzellen: Den vollständigen Stammbaum eines ausgewachsenen Organismus haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Berlin und München in „Science“ publiziert. Entscheidend war der kombinierte Einsatz von RNA- und computerbasierten Technologien.
Wie werden aus einheitlichen Stammzellen komplexe Körperzellen mit sehr unterschiedlichen Funktionen? Die Differenzierung von Stammzellen in verschiedenste...
Anzeige
Anzeige
Fraunhofer eröffnet Community zur Entwicklung von Anwendungen und Technologien für die Industrie 4.0
23.04.2018 | Veranstaltungen
Mars Sample Return – Wann kommen die ersten Gesteinsproben vom Roten Planeten?
23.04.2018 | Veranstaltungen
Internationale Konferenz zur Digitalisierung
19.04.2018 | Veranstaltungen
23.04.2018 | Physik Astronomie
Sauber und effizient - Fraunhofer ISE präsentiert Wasserstofftechnologien auf Hannover Messe
23.04.2018 | HANNOVER MESSE
Fraunhofer IMWS entwickelt biobasierte Faser-Kunststoff-Verbunde für Leichtbau-Anwendungen
23.04.2018 | Materialwissenschaften