Sind Regulatorische T-Zellen der Schlüssel zu effektiveren Impfungen? Eine Frage des Timings.

Forscher versuchen deshalb, das Immunsystem auszutricksen, indem sie Regulatorische T-Zellen abschalten, die ansonsten die Immunantwort dämpfen.

Immunologen des Institut Curie, Paris, haben die Effekte beim Abschalten dieser Zellen unter Beteiligung des TWINCORE Instituts für Infektionsimmunologie genauer untersucht. Dass ein solcher Eingriff in unser Immunsystem vor allem eine Frage des genauen Timings ist, publizieren sie in der aktuellen Ausgabe von Science.

Solange Eindringlinge für unser Immunsystem gut zu erkennen sind, weil sie sich frei in unseren Blutbahnen und Schleimhäuten bewegen, reagiert das Immunsystem schnell und effizient. Schwierig wird es, wenn die Erreger sich in unseren Zellen verstecken oder unsere Zellen – wie bei Krebserkrankungen – selbst zum Gegner werden. Dann ist die Unterscheidung zwischen „fremd“ und „selbst“ durch das Immunsystem kritisch.

Hält es „fremd“ für „selbst“, reagiert es nicht, hält es „selbst“ für „fremd“, greift es gesundes Gewebe an und löst sogenannte Autoimmunerkrankungen aus. Eine zentrale Rolle bei dieser Unterscheidung spielen die Regulatorischen T-Zellen, kurz Tregs. Sie haben unter anderem die Aufgabe, die für die Abwehr zuständigen T-Zellen zu regulieren. Erkennen die T-Zellen eigene Zellen als Gegner und droht eine Autoimmunreaktion? Werden die T-Zellen zu übereifrig und droht die Immunreaktion überzuschießen? Dann greifen die Tregs ein.

„Damit spielen Tregs auch eine zentrale Rolle bei Impfstrategien gegen intrazelluläre Erreger oder Krebs“, sagt Catharina Arnold-Schrauf, Wissenschaftlerin am Institut für Infektionsimmunologie des TWINCORE. Eine experimentelle Strategie, die von vielen Wissenschaftlern derzeit verfolgt wird, ist, Tregs während der Impfung zu entfernen, um damit den T-Zellen ihre Gegenspieler zu nehmen und für eine stärkere Immunreaktion zu sorgen.

Entscheidend für den Impfvorgang ist das Priming, bei dem die T-Zellen auf Fremdantigen geprägt werden. Beim Priming reagiert das Immunsystem auf einen Eindringling, indem es unterschiedlichste T-Zellen auf ihre Wirksamkeit prüft. Die wirksamsten T-Zellen werden dann massenhaft hergestellt und schwärmen aus, um den Angreifer abzuwehren. Also – so die Theorie – sollte die Abwesenheit von den regulierend eingreifenden Tregs wie ein Turbo auf die Produktion von T-Zellen wirken.

„Wir haben diesen Ansatz mit dem intrazellulären Infektionserreger Listeria monocytogenes in Mäusen überprüft, deren Tregs wir ausschalten können, und eine erstaunliche Entdeckung gemacht“, sagt Catharina Arnold-Schrauf. „Fehlen Tregs während des Priming-Vorganges, verschiebt sich die Qualität der Immunantwort zugunsten der schwächeren, weniger wirksamen T-Zellen.“ Und daran hängt ein wichtiger Impfeffekt: Denn nur wenn das Immunsystem beim Priming starke T-Zellantworten erzeugen kann, kann es sich später auch wieder daran erinnern. Und das wiederum ist das entscheidende Kriterium für den Impferfolg. Denn das Immunsystem muss auch noch nach Jahren passende Abwehrzellen parat haben, die den Erreger erkennen.

„Mit diesen Ergebnissen können wir in Zukunft besser einschätzen, ob und wann es sinnvoll ist, Tregs aus dem System zu entfernen“, schließt Prof. Dr. Tim Sparwasser, Direktor des Instituts für Infektionsimmunologie. „Das Timing bei der Treg-Depletion spielt eine zentrale Rolle, wenn wir das Gleichgewicht zwischen Tregs und T-Zellen günstig beeinflussen wollen, um Infektionen oder Krebs zurückzudrängen.“

Literatur:
Luigia Pace, Andy Tempez, Catharina Arnold-Schrauf, Fabrice Lemaitre, Philippe Bousso, Luc Fetler, Tim Sparwasser, Sebastian Amigorena, Science 26 October 2012: Vol. 338 no. 6106 pp. 532-536; DOI: 10.1126/science.1227049
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Tim Sparwasser, tim.sparwasser@twincore.de
Tel: +49 (0)511-220027-201

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