Fokus Bioprozesstechnologie: Jacobs University entwickelt neue Verfahren für Pharma- und Lebensmittelindustrie

Im Zentrum eines von der Jacobs University koordinierten EU-Verbundprojektes mit ca. 1,4 Mio € Gesamtvolumen steht die Neuentwicklung einer hocheffizienten Extraktionsmethode biopharmazeutischer Produkte aus Hefekulturen.

Das BMBF finanziert mit rund 1,7 Mio € ein Projekt zur Optimierung biosynthetischer Enzymproduktion durch Pilze für den Einsatz in der Weinindustrie. Projektleiter an der Jacobs University ist Marcelo Fernandez-Lahore, Professor of Biochemical Engineering.

In der modernen Lebensmittel- und Pharmaindustrie kommen zunehmend biotechnologisch designte Mikroorganismen zum Einsatz, um in industriellem Maßstab Biomoleküle mit spezifischen Eigenschaften herzustellen. Wesentliche Faktoren für den erfolgreichen Wettbewerb in diesem Sektor sind die Effizienz bei der Produktgewinnung, die Produktqualität sowie die Kostensenkung. Beeinflusst werden diese Faktoren vor allem durch die eingesetzten Bioprozesstechnologien, das sogenannte „Downstream Processing“, mit denen die biosynthetischen Substanzen aus den Zellkulturen isoliert und aufgereinigt werden.

„Die effiziente und schonende Trennung des Bioprodukts von den produzierenden Organismen ist nach wie vor eine der größten Herausforderungen in der industriellen Biosynthese“, erläutert Marcelo Fernandez-Lahore von der Jacobs University. „Zerstört man die Zellen, um die im Zellinneren angereicherten Syntheseprodukte freizusetzen, ist deren Rückgewinnung aus diesem Gemisch sehr aufwendig und außerdem leiden sowohl die Ausbeute als auch die Produktreinheit.“ Die Biomoleküle seien außerdem äußerst empfindlich, weshalb viele der herkömmlichen Extraktionsmethoden die biologische Aktivität der Moleküle beeinträchtigen, so der Downstream-Processing-Experte weiter.

Das von der EU geförderte Verbundprojekt, an dem sich neben der Jacobs University außerdem das französische Institut de Pharmacologie et de Biologie Structurale und die Universität Sofia sowie die Biotechnologiefirmen Organobalance (Deutschland), Biomedal (Spanien), Romb Ltd (Bulgarien) und das Informationstechnologieunternehmen Beta Tech (Frankreich) beteiligen, will nun eine vollständig neue Methode der schonenden Elektroextraktion für Proteine entwickeln. „In einem ersten Verfahrensschritt werden die Zellwände der Hefen, die wir in diesem Projekt als „Minifabriken“ für biopharmazeutische Wirkstoffe, Enzyme und Bio-Nanoparikel verwenden, mit einer Art Elektroschockbehandlung für große Biomoleküle durchlässig gemacht. Um die wertvollen Biosyntheseprodukte sofort bei ihrem Austritt aus den Zellen „dingfest“ zu machen, werden den Zellkulturen außerdem spezielle Verbundstoff-Mikrofasern zugesetzt, deren Oberflächen das gewünschte Molekül hochselektiv erkennen und adsorbieren“ erklärt der Projektkoordinator Fernandez-Lahore das neuartige Konzept der Methode. „Mit dieser operativ einfachen Methode wird nicht nur die Produktausbeute und -qualität dramatisch verbessert sondern auch die Verfahrenskosten drastisch gesenkt.“

Das vom BMBF geförderte Projekt, in dem die Jacobs University mit den Biotech-Unternehmen Antibioticos und Guserbiot aus Spanien, Bioreact aus Deutschland und dem türkischen Lebensmitteltechnologiespezialisten Iztech zusammenarbeitet, will das Potential von industriell erzeugten Pilzenzymen aus der Gruppe Glykosidasen (Pektinasen) für die geschmackliche und optische Optimierung von Weinen erforschen. „Die Enzyme sollen sowohl bei der Klärung des Mostes als auch zur Verbesserung von Farbe und Aroma des Weines eingesetzt werden. Auch hier schließt die Prozessoptimierung den Einsatz der neuen, schonenden Elektroextraktionsmethode ein, mit der die empfindlichen Enzyme aus den industriellen genetisch veränderten Mikroorganismen gewonnen werden sollen“, so Fernandez-Lahore.

Beide Projekte starteten Anfang des Jahres und haben eine Laufzeit von zwei Jahren.

Fragen zu den Projekten beantwortet:
Prof. Dr. Marcelo Fernandez-Lahore | Professor of Biochemical Engineering
(http://www.jacobs-university.de/directory/02866/index.php)
Tel.: 0421 200-3239 | E-Mail: m.fernandez-lahore@jacobs-university.de

Media Contact

Dr. Kristin Beck idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer