Fleischfressende Pflanze mit Katapultfalle

Drosera glanduligera<br>Quelle: Uni Freiburg<br>

Fleischfressende Pflanzen haben komplexe Mechanismen entwickelt, um in nährstoffarmer Umgebung zu überleben: Fallensysteme sorgen dafür, dass kleine Beutetiere wie Insekten angelockt, gefangen, getötet, verdaut und die daraus gewonnenen Nährstoffe aufgenommen werden. Führt die Pflanze mit ihrer Falle eine Bewegung aus, spricht man von einer aktiven Falle.

Die Biomechanik und funktionelle Morphologie dieser aktiven Systeme sind Gegenstand aktueller Untersuchungen in der Plant Biomechanics Group des Botanischen Gartens Freiburg unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Speck. Im Rahmen der Promotion von Simon Poppinga vom Biologischen Institut II haben die Biologinnen und Biologen in Zusammenarbeit mit den Züchtern Siegfried und Irmgard Hartmeyer erstmals die Fangbewegung der extrem heiklen und seltenen fleischfressenden Pflanze Drosera glanduligera, einem Sonnentau, genau beschreiben und analysiert.

Diese neue und spektakuläre Bewegung wurde biophysikalisch beschrieben und die Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift PLOS ONE veröffentlicht.

Sonnentau-Arten sind für ihre mit klebrigen Tentakeln besetzten Blätter bekannt, an denen Beutetiere haften bleiben und durch langsame, Minuten dauernde Bewegungen umschlungen werden. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist der im Schwarzwald heimische, in nährstoffarmen Mooren wachsende Rundblättrige Sonnentau Drosera rotundifolia. Die aus Australien stammende Art Drosera glanduligera bildet zusätzlich zu den klebrigen Leimtentakeln leimfreie Schnapptentakel aus, die sich nach Berührung innerhalb von 75 Millisekunden falleneinwärts biegen und schneller sind als die „Fangeisen“ der berühmten Venusfliegenfalle. Bislang konnte über diese Funktion jedoch nur spekuliert werden. Die Biologen konnten nun zeigen, dass diese Schnapptentakel unvorsichtige Beutetiere auf die Mitte des klebrigen Fangblattes schleudern. Die Pflanze verfügt somit über einen kombinierten Katapult- und Klebemechanismus.

Fleischfressende Pflanzen erfreuen sich unter Sammlern großer Beliebtheit. Auch wenn der hier beschriebene Fangmechanismus mit Sicherheit zu den spektakulärsten Bewegungen im Pflanzenreich gehört, so werden ihn aufgrund der schwierigen Haltung und der kurzen Lebensdauer der Pflanze nur wenige Menschen live erleben können. Doch die Arbeit an diesem Sonnentau wurde dokumentarisch festgehalten und kann auf YouTube angesehen werden: http://www.youtube.com/watch?v=Zzi3XDQs-i0

Veröffentlichung:
Poppinga, S., Hartmeyer, S. R. H., Seidel, R., Masselter, T., Hartmeyer, I., Speck, T. (2012) Catapulting tentacles in a sticky carnivorous plant. PLOS ONE (in press.). doi: 10.1371/journal.pone.0045735
http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0045735

Kontakt:
Prof. Dr. Thomas Speck
Plant Biomechanics Group
Botanischer Garten der Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-2875
Fax: 0761/203-2880
E-Mail: thomas.speck@biologie.uni-freiburg.de

Media Contact

Rudolf-Werner Dreier Uni Freiburg

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer