Schaltkreise der Immunantwort

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat die Einrichtung einer neuen Forschergruppe mit dem Themenschwerpunkt „Regulatoren der humoralen Immunantwort“ an der Universität Erlangen-Nürnberg bewilligt. An der Forschergruppe beteiligen sich Wissenschaftler aus dem Institut für Biologie der Naturwissenschaftlichen Fakultät II und dem Universitätsklinikum.

Sprecher sind Prof. Dr. Thomas Winkler, Sektion Hämatopoiese am Lehrstuhl für Genetik, und Prof. Dr. Hans-Martin Jäck, Abteilung für Molekulare Medizin an der Medizinischen Klinik III. Die DFG hat eine Förderung für sechs Jahre zugesagt; für die ersten drei Jahre der Förderperiode wurden insgesamt ca. zwei Millionen Euro bewilligt.

Alle bis heute erfolgreich durchgeführten Impfungen basieren auf dem Schutz, der durch Antikörper vermittelt wird. Die Bildung der Antikörper nach einer Impfung oder auch nach einer Infektion wird durch ineinandergreifende molekulare Schaltkreise kontrolliert und erfolgt durch komplexe und nur zum Teil verstandene Wechselwirkungen verschiedener, hochspezialisierter Zellen des Immunsystems.

Zellen mit Spezialgebiet

Im Zentrum des Geschehens steht die sogenannte B-Zelle. Während ihrer Reifung im Knochenmark werden die Gene für Antikörpermoleküle durch Umlagerung von DNA-Abschnitten zusammengebaut. Dabei entstehen Millionen von B-Zellen, die alle einen anderen Typ von Antikörper produzieren. Dieses Molekül ist entweder auf einen bestimmten Krankheitserreger oder auf eine molekulare Struktur ausgerichtet, die generell einen Angriff signalisiert. Die reife B-Zelle trägt ihren Antikörper zuerst auf der Zelloberfläche und kann damit ein passendes Signal auffangen. In diesem Fall wird die Zelle aktiviert und gibt dann lösliche protektive Antikörper in großen Mengen ins Blut ab. Die Forschergruppe konzentriert ihre Arbeiten auf diese komplexen Regulationen während der Reifung und Aktivierung von B-Zellen.

Angeborene und erworbene Störungen dieses vielschichtigen Differenzierungsschemas können einerseits zur Immunschwäche – das heißt zur besonderen Anfälligkeit gegenüber Infektionskrankheiten bis hin zu lebensbedrohlichen Immundefekten – führen. Aber auch überschießende und fehlgeleitete Immunantworten, wie zum Beispiel bei Allergien und Autoimmunerkrankungen, werden durch Störungen in der Regulation der Immunantwort verursacht. Die Forschergruppe legt einen Fokus ihrer Arbeit auf die Aufklärung solcher Fehlentwicklungen.

Die hohe Komplexität und die Vielzahl an zellulären und molekularen Interaktionen zwischen B-Zellen und anderen Zellen des Immunsystems erfordern Untersuchungen am lebenden Organismus, an Gewebeschnitten sowie an Zellen, die aus geeigneten Tiermodellen durch entsprechende Zellsortiermethoden isoliert werden. Ein experimenteller Schwerpunkt der Forschergruppe ist daher die Verwendung „genetisch maßgeschneiderter“ Mausmodelle, um vor allem solche molekularen und zellulären Vorgänge während der humoralen Immunantwort besser zu verstehen, die weder in Zellkulturen, noch am Menschen gezielt untersucht werden können.

Fünf der acht beteiligten Projektleiter, sowohl Biologen als auch Mediziner, sind im Nikolaus-Fiebiger-Zentrum für Molekulare Medizin angesiedelt. Als Besonderheit kann das Ausbildungskonzept für die in der Forschergruppe arbeitenden Doktoranden angesehen werden. Die strukturierte Doktorandenausbildung erfolgt zusammen mit dem Graduiertenkolleg 592 „Lymphozyten: Differenzierung, Aktivierung und Deviation“ (Sprecher: Prof. Dr. Hans-Martin Jäck), und die Doktoranden der Forschergruppe nehmen an allen Veranstaltungen und Kursen des Graduiertenkollegs teil. Dies soll eine auch im internationalen Vergleich exzellente Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses gewährleisten.

Weitere Informationen für die Medien:

Prof. Dr. Thomas Winkler
Tel.: 09131/85-29136
twinkler@molmed.uni-erlangen.de
Prof. Dr. Hans-Martin Jäck
Tel.: 09131/85-35912
hjaeck@molmed.uni-erlangen.de

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Ute Missel idw

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