Auf dem Wege zu Ersatzorganen

Sollen aus lebenden Zellen Gewebe wachsen, müssen sie einen Verbund bilden und gut mit Nährmedien versorgt werden. Eine mit dem Hugo-Geiger-Preis ausgezeichnete Diplomarbeit untersucht, wie Blutgefäße in künstlicher Haut entstehen könnten, eine zweite, wie Leberzellen anorganische Membranen besiedeln.

Tierversuche werden vermehrt durch pharmakologische Tests an Geweben ersetzt, die im Labor gezüchtet wurden. Parallel dazu erhöht sich die Komplexität der künstlichen Gewebe, was auch der Transplantationsmedizin zugute kommt. Bestand etwa künstliche Haut anfangs aus simplen Ansammlungen von Zellen einer Art, so lassen sich heute Modelle erzeugen, die die verschiedenen Hautschichten nachbilden und die zudem von kapillarähnlichen Strukturen – also Vorläufern von Blutgefäßen – durchzogen werden. Interessant sind solche Modelle auch für die Grundlagenforschung, können mit ihnen doch zentrale Fragen der Onkologie untersucht werden: Warum wächst das stark verästelte Blutsystem vieler Tumore so schnell und wie kann dies gebremst werden?

Ein dreidimensionales Hautmodell mit kapillarähnlichen Strukturen konnte Silke Kersen während ihrer Forschungszeit am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart aufbauen. „Das Problem bestand bisher darin, Endothelzellen in ihrer neuen künstlichen Umgebung zur Ausbildung kapillarer Strukturen zu stimulieren“, erläutert die Trägerin des zweiten Hugo-Geiger-Preises. „Beim richtigen Mix mit Wachstumsfaktoren und zwei weiteren Zellarten, die Gewebe stützende Substanzen bilden, wächst hingegen ein 3-D-Netzwerk – ganz ohne Hilfsmittel.“

Eine weitere Diplomarbeit befasst sich mit der Idee einer künstlichen Leber. In diesem Entgiftungsorgan findet im Gegensatz zur Niere nicht nur Stofftransport statt, sondern zusätzlich komplexe biochemische Abbaureaktionen. Im Gegensatz zur etablierten Dialyse hat die Forschung daher bei diesem Organ noch einen weiten Weg vor sich. Bisher werden Leberzellen vor allem auf Kunststoffmembranen kultiviert. Je poröser eine solche Platte ist, desto schneller kann eine Flüssigkeit hindurch treten und von den dort lebenden Zellen gereinigt werden.

Andreas Höß untersuchte am Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM gemeinsam mit Mitarbeitern der Medizinischen Fakultät der Universität Halle nanoporöses Aluminiumoxid als Membranmaterial. Im Vergleich zu Membranen aus Kunststoff weist es höhere Porositäten und regelmäßig geordnete Strukturen auf, wodurch der Stoffaustausch begünstigt wird. Gleichzeitig kann im Lichtmikroskop überprüft werden, wie schnell und gleichmäßig Leberzellen das Trägermaterial besiedeln. „Andreas Höß konnte zeigen, dass das neue Konzept in einem Zweikammerreaktor funktioniert“, fasst sein Betreuer Andreas Heilmann dessen Ergebnisse zusammen. „Der zweite Hugo-Geiger-Preis ist nicht nur Lohn der Mühe, sondern sicher auch Ansporn für seine zukünftige Promotionsarbeit an diesem Thema.“

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Dr. Johannes Ehrlenspiel idw

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