Kann man Krebszellen bremsen?
Ungebremstes Wachstum und Metastasenbildung von Krebszellen wird durch ein evolutionär hochkonserviertes Protein kontrolliert, haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Infektionsbiologie herausgefunden
Krebs entsteht zumeist durch Schädigungen im Erbgut. Häufig werden dadurch Schalterproteine verändert, die Zellen auf ständige Vermehrung programmieren. Das in Krebszellen am häufigsten betroffene Schalterprotein ist das Ras-Protein, das in seiner entarteten Form nicht nur das Wachstum von Tumoren, sondern auch das Auswandern von Krebszellen aus dem Primärtumor (Metastasenbildung) anregt. Daran ist ein Protein namens Prohibitin maßgeblich beteiligt, wie neue Forschungsergebnisse aus der Abteilung Molekulare Biologie des Max-Planck-Instituts für Infektionsbiologie zeigen. Die von Thomas Rudel und seinem Team gemachte Entdeckung offenbarte überraschend, dass dieses Protein eine übergeordnete Rolle bei Vorgängen spielt, die für die Entstehung bösartiger Tumore verantwortlich sind, veröffentlicht in der neuesten Ausgabe von „Nature Cell Biology“ (Nature Cell Biology, 24. Juli 2005).
Bei jedem fünften Tumor ist das Ras-Krebsgen verändert. Ein Hauptweg, über den Ras seine transformierende Aktivität vermittelt, ist das Raf-Gen, das selbst in einer Vielzahl menschlicher Tumore verändert vorkommt. Bei zahlreichen Krebsarten verursacht ein ständig aktivierter Ras-Signalweg ein entartetes Zellwachstum. Diese Veränderungen führen schließlich auch dazu, dass sich Krebszellen aus dem Zellverband lösen, im Körper beginnen umher zu wandern und neue Tochtertumore ausbilden.
Die Berliner Forscher entdeckten bei ihrer systematischen Suche nach Genen, die an der Krebsentstehung beteiligt sind, das Prohibitin als wichtiges Glied in der von Ras kontrollierten Signalkette. Wird die Bildung von Prohibitin in Tumorzellen verhindert, stellen diese ihr Umherwandern ein und verbinden sich wieder mit ihren Nachbarzellen.
Dieses auffällige, für Tumorzellen ganz untypische Verhalten läst sich eindrucksvoll im Mikroskop beobachten (s. Abb.): Ohne Prohibitin bilden Krebszellen große Zellklumpen.
Thomas Rudel und weitere Mitarbeiter der Abteilung Molekulare Biologie konnten in Zusammenarbeit mit Ulf Rapp von der Universität Würzburg die Wirkung des Prohibitins aufklären. Prohibitin ist für die Aktivierung des ersten Gliedes des Ras-Signalweges, des Raf-Proteins, verantwortlich. Weil selbst daueraktives Ras-Protein ohne Prohibitin keine tumorfördernde Signale aussenden konnte, hoffen die Forscher, dass man in Zukunft Tumorerkrankungen durch die Hemmung von Prohibitin therapieren kann.
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