Thermoregulation bei Robben

Wenn es Robben an Land zu heiß wird, öffnen sie die sog. Thermofenster: Teile ihrer Körperoberfläche erhitzen sich durch stärkere Durchblutung und geben Wärme an die Umgebung ab.

Das haben Dr. Björn Mauck, HD Dr. Guido Dehnhardt (Lehrstuhl für Allgemeine Zoologie und Neurobiologie), Prof. Dr. Ulf Eysel (Abteilung für Neurophysiologie, Medizinische Fakultät der RUB) gemeinsam mit Kollegen aus Köln und Neufundland herausgefunden. Mit einer Infrarot-Wärmekamera untersuchten sie Seehunde, Kegelrobben und Sattelrobben. Über ihre Ergebnisse berichtet das „Journal of Experimental Biology“.

„Blubber“ und Gegenstrom-Wärmetauscher in den Flossen

Dafür, dass Robben auch im kalten Eismeer nicht frieren müssen, sorgen ihre zentimeterdicke, isolierende Speckschicht, der sog. Blubber, und ein Gegenstrom-Wärmetauscher in der Blutversorgung der Flossen: Speck wäre hier hinderlich, schließlich müssen die Flossen beweglich sein. Stattdessen sind die Arterien, die das Blut aus dem Körper in die Extremitäten leiten, von einem Netz von Venen umringt, so dass das in den Flossen abgekühlte Blut auf dem Rückweg in den Körperkern noch wertvolle Wärme „mitnehmen“ kann. Wenn der Körper aber überschüssige Wärme produziert, wird ein alternatives Venensystem genutzt, das keinen Kontakt zu den Arterien hat .So kann das Blut in den Flossen überschüssige Wärme an die Umgebung abgeben und so den Körper kühlen.

Verschiedene Kühlsysteme im Wasser und an Land

Wenn es aber so richtig warm wird, reicht dieses System nicht aus, schon gar nicht an Land, denn die Luft leitet Wärme wesentlich schlechter ab als das an den Flossen vorbeiströmende Wasser. Legt sich die Robbe also an den Strand und lässt sich die Sonne auf den Pelz scheinen, muss ein anderes Kühlsystem her. Wie das funktioniert, fanden die Forscher durch die Untersuchung von Sattelrobben in Neufundland, Kegelrobben im Zoo Münster und Seehunden im Kölner Zoo heraus. Mit einer Infrarotkamera ermittelten sie über einige Stunden hinweg die Temperatur der Körperoberfläche der Tiere an Land.

Heiße Flecken auf der Körperoberfläche

Es zeigte sich: Bei hohen Umgebungstemperaturen werden vermehrt Gefäße durchblutet, die oberhalb der isolierenden Speckschicht der Robben liegen. Die Wärmebilder zeigen, dass dies zunächst meist punktuell passiert. Die „Thermofenster“ bilden sich häufig zuerst an Kopf, Nacken und Schultern der Robben. Nach und nach wachsen die Flecken und verschmelzen dann miteinander. Der Temperaturunterschied zwischen einem „Fenster“ und seiner Umgebung kann fast 25 Kelvin betragen. An kalten Tagen kann man an den heißen Körperpartien sogar Wasserdampf über dem Fell der Tiere aufsteigen sehen. Die Forscher mutmaßen, dass es energetisch günstiger ist, die Temperatur nur stellenweise stark in die Höhe zu treiben, als den ganzen Körper mäßig zu erwärmen. Denn bei höherer Temperatur der Körperoberfläche kann das noch im Pelz der Robben vorhandene Wasser leichter verdunsten, sodass mehr überschüssige Körperwärme in diesen energie-intensiven Prozess fließen kann. Das nasse Fell der Tiere könnte somit also als eine Art „Kühlmittelspeicher“ dienen.

Kontakt:

Dr. Björn Mauck
Lehrstuhl für Allgemeine Zoologie und Neurobiologie
Fakultät für Biologie, ND 6 / 33, 44780 Bochum
Tel. 0234-732-27709, Fax: 0234-14-185
E-Mail: mauck@neurobiologie.ruhr-uni-bochum.de

Media Contact

Dr. Josef König idw

Weitere Informationen:

http://www.ruhr-uni-bochum.de

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